Bühnenbeschimpfung

(Liebe ich es nicht mehr oder liebe ich es zu sehr?)

Die Autorin Sivan Ben Yishai ist eine der wichtigsten Stimmen auf zeitgenössischen Theaterbühnen. Con/tempus (zeitgenössisch), bedeutet, in der Gegenwart zu existieren oder vorzukommen / mit anderen in der Zeit zu sein – was in gewisser Weise die Forschungsfrage dieses neuen Textes ist. Am Maxim Gorki Theater wurden ihre Stücke Die Geschichte vom Leben und Sterben des neuen Juppi Ja Jey Juden, Papa liebt dich und Oder: Du verdienst deinen Krieg (Eight Soldiers Moonsick) uraufgeführt. Jetzt schaltet sie ihren Blick von der Hinter­bühne – sie schreibt für die Institution, in der Institution. Ihr neues Stück Bühnenbeschimpfung (Liebe ich es nicht mehr oder Liebe ich es zu sehr?) bestehend aus den Teilen »Der Körper als Institution«, »Der Theaterabend als Institution« und »Die Zukunft auf einem angrenzenden Areal wiedererrichtet«, beschäftigt sich auf radikale Weise mit der Institution Theater – und wächst dabei (wortwörtlich) weit über und aus dieser hinaus. Nach zwei Jahren, in denen die Theater­säle leer und unbesucht blieben, ist Bühnenbeschimpfung eine offene Operation am Körper der Institution. Sivan Ben Yishai benutzt die Institution des Theaters als Ausgangspunkt, um grundlegende Fragen über Macht, Autokratie und die Bühne, Gehorsam, Zuschauerschaft und Widerstand zu stellen, und die Art und Weise, wie sie im Körper, im Theaterabend, im Theater selbst zum Vorschein kommen.

Eingewebt in diese Betrachtungen ist ein multiperspektivischer Chor, mit Stimmen von Masha Gessen, Donna Haraway, Michel Foucault, Paul B. Preciado, Ta-Nehisi-Coates und vielen anderen – die uns vielleicht nicht retten können – aber was wäre wenn doch? Regie führt der langjährige Hausregisseur Sebastian Nübling, der schon viele zeitgenössische Autor*innen auf die Bühne brachte, und anhand des Textes untersuchen wird, was politisches Theater heute sein kann und welche Versuche vergangene Generationen gemacht haben, um die gesellschaftlichen Strukturen mittels Theater zu verändern und aufzubrechen.

 

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Uraufführung am 17/Dezember 2022


Aufführungsrechte: Suhrkamp Verlag AG

Foto: Esra Rotthoff
Bühnenfotos: Ute Langkafel

Team

Bühne + Kostüme

Dramaturgie

Besetzung

Christian Bojidar

Sofian Doumou

Zari Eder

AYSİMA ERGÜN

Nele Jochimsen

Bashar Kanan

Vidina Popov

Kinan Hmeidan

Mehmet Yılmaz

Pressestimmen

»Bühnenbeschimpfung ist einer der stärksten Abende, die Hausregisseur Nübling je am Gorki gemacht hat. […] Rasant, klug, im besten Sinne selbstreferenziell, fordernd und dazu wahnsinnig witzig: Was will man mehr?«

Fabian Wallmeier, rbb24

»Was folgt ist eine ebenso kluge wie unglaublich komische Tiefenbohrung an der Struktur des Theatermachens selbst, seinen Arbeits- und Produktionsbedingungen, an menschlichen Schwächen, wie Narzissmus und Egomanie, die in der Kunst einerseits wunderbare Blüten tragen können, jenseits davon aber der Humus menschlicher Verwerfungen und Brandbeschleuniger in mörderischen Konflikten sind.«

 

Esther Slevogt, nachtkritik.de

»Der Regisseur und, ich vermute, vor allem das Ensemble haben einen ganz eigenen Weg gefunden, sich mit der Machtfrage auseinanderzusetzen. Sie kapern diesen Text, sie lassen mindestens ein Drittel, wenn nicht die Hälfte aus und schreiben ihre eigenen Monologe über das Schauspielerleben. Jetzt kracht es richtig. Der Brüllmonolog von Mehmet Yılmaz, der mit harten Wiederholungen sein Leben als freier Schauspieler und dann als Festangestellter beschreibt und dem Publikum nur rumschreit, weil es der Regisseur offenbar so wolle, sollte wirklich Pflichtstoff für jede Schauspielschule werden, weil es so traurig und gleichzeitig auch so lustig ist.
Dass Langhoff und die Autorin Ben Yishai das alles zulassen, das ist ein Punkt für beide und wirklich nicht selbstverständlich. Das ist souverän, und so hat das noch niemand gemacht auf einem deutschen Theater.«

 

Tobi Müller, Deutschlandfunk Kultur