Premiere: Amerika

Noch fast ein Kind überquert Karl Roßmann im Bauch eines Hochseedampfers das große Meer. Weggeschickt aus Europa ist das Ziel dieser »Deportation« Amerika. Er betritt eine für ihn vollkommen neue Welt, die gerade zu Ende geht oder erst neu entsteht. Diesem »Verschollenen« begegnen hier Existenzen die, aus allen Ländern zugeschwemmt, so zwanghaft wie gnadenlos ihren Raum, eine Funktion, gar Fiktion, ihre »Ausübung« zu finden suchen. Karl bewegt sich und wird bewegt, versucht »zu passen«, zaudert und gibt stets sein Bestes, um schließlich sein »Glück« als Namenloser zu finden.

Sebastian Baumgarten setzt am Gorki Kafkas Romanfragment in Wort-, Sound- und Bildfragmenten neu zusammen. Als ein Versuch über die Mechaniken von Ohnmacht, Hilflosigkeit, Ungerechtigkeit, Ironie und Hoffnung, einem modernen Menschentypus auf der Spur, dessen größte Schwierigkeit es scheint, inmitten kompakter Verwertungslogiken »Nein« zu sagen.

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Premiere am 14/Januar 2023
 

Bühnenfassung mit Auszügen aus »Amerika« von Jean Baudrillard und weiteren Texten von Franz Kafka
 

Der Auszug aus »Amérique« (Amerika) von Jean Baudrillard wird verwendet mit dem Einverständnis der Editions Grasset & Fasquelle (Paris, Frankreich)



Foto: Esra Rotthoff
Bühnenfotos: Ute Langkafel MAIFOTO

Team

Besetzung

Emre Aksızoğlu

Yanina Cerón

Tim Freudensprung

Kenda Hmeidan

Kinan Hmeidan

Flavia Lefèvre

Falilou Seck

Till Wonka

Werner Eng

Pressestimmen

»Sebastian Baumgarten macht aus Franz Kafkas Romanfragment ein Ideengewitter aus Geräuschen, Bildern und Sprache. «

»Das siebenköpfige Ensemble, darin herausragend Emre Aksızoğlu, Yanina Cerón und Falilou Seck, übergibt sich die Rolle des Karl Roßmann wie einen Staffelstab, während rechts eingeblendete Kapitelüberschriften das Geschehen wie in einem Stummfilm strukturieren. Die Charaktere kommen oft aus dem Bühnenboden geschnellt wie beim ›Whac-A-Mole‹ auf dem Jahrmarkt, ein zündender Regieeinfall jagt den nächsten: Karl Roßmanns tieftrauriges Verlorengehen wird hier spürbar in einer Geschäftigkeit, die nichts mehr fürchtet als die Stille. Das ist vielschichtiges, kluges, mitreißendes Theater.«

 

Felix Müller, Berliner Morgenpost

»Mit seinen Stilanleihen vom Comic über den Kleinganoven-Movie bis zur Fantasy-Ästhetik wirkt dieser amerikanische (Alp-)Traum wie selbst von der Traumfabrik inszeniert: Wir erleben den Trip in ein Gestern, das es so nie gab. Und natürlich ist es kurzweilig, dem Gorki-Ensemble bei dieser Zeitreise zuzuschauen. Sei es Kenda Hmeidan als zappelig-aufgeregte, Yanina Cerón als entschieden-rechtschaffende oder Emre Aksızoğlu als sympathisch-naive Karl-Rossmann-Variante, sei es Falilou Seck als Karls gediegen-gestrenger Senatoren-Onkel oder Till Wonka als dessen munter berlinernder Geschäftspartner: alles wunderbar anzusehen.«

 

Christine Wahl, Tagesspiegel

»Karl und der Heizer und all die anderen Figuren des Romans sind ein Sprachkollektiv, das aus dem Unterboden aufpopt, aus den Seitenbühnen ins Geschehen stolpert, sich in allen erdenklichen Körperposen ins Bild schiebt, um dann ganz schnell wieder zu verschwinden. Mit Slapstick-Zitaten wird an die Körpersprache von Charlie Chaplin erinnert. Im Dunkelgrau der Kostüme und im Kalkweiß der Bühnenobjekte ist der Schwarz-Weiß-Film vom vergangenen Jahrhundertbeginn angelegt. Und da ist natürlich auch der Drive der pulsenden Metropole New York.«
 

Eberhard Spreng, Deutschlandfunk Kultur