Muttersprache Mameloschn

»Du hast mir diesen Witz erzählt. Zwei Juden unterhalten sich. Sagt der eine, ich wandere aus. Nach Australien. Sagt der andere, Australien?! Das ist doch so weit weg! Sagt der erste, weit weg von wo? Na ja. Ich weiß, du hast mir das als Witz erzählt und auf rhetorische Fragen gibt man keine Antwort, aber ich habe eine. Ich weiß, was mein weit weg von ist. Weit weg von dir ist weit weg.« (Auszug aus Muttersprache Mameloschn)

Lost in Berlin. Gegenwart. Eine Familie. Großmutter, Mutter, Enkeltochter leben hier, miteinander, ohneeinander, gegeneinander. Sie erzählen und erinnern sich, suchen und verfehlen sich, finden und verletzen sich. Drei Generationen, drei Jüdinnen in Deutschland durchwühlen Berge von Geschichten und Geschichte auf der Suche nach den Leerstellen in ihren Leben. Sie erklimmen Berge, zertrümmern sie, fallen herab, doch immer mit Witz und voller Härte, mit Ironie und großem Humor. Was ihnen zu fehlen scheint, ist eine gemeinsame Sprache. Also suchen sie ihre »Mame-Loschn«, eine Muttersprache für sich und andere. Wie einst das Jiddische als Sprache funktionierte, von sehr unterschiedlichen Menschen gebraucht, verstanden und gelebt. Großmutter Lin hat als Kommunistin und linientreue Künstlerin die DDR »gelebt« und dabei ihre Tochter Clara verloren. Clara, von Verlustängsten getrieben, hasst ihr Jüdischsein, das ihr nie wirklich nah gebracht wurde. Sie versucht zwanghaft ihr Leben auf den Kopf zu stellen, sich neu zu erfinden, ehe es zu spät ist. Rahel ihre Tochter ist auch auf dem Weg zu sich und hat noch keine Ahnung, was das sein könnte, dieses »Ich«. Also flieht sie erst einmal, heraus aus zu viel Vergangenheit, raus aus der »Mishpoche«. Doch wie lebt und verlässt man eigentlich eine Familie ohne sie je gefunden zu haben? Wie lässt man eine Vergangenheit hinter sich, die nicht die eigene scheint? Und wo steckt eigentlich Davie, der Enkel, geliebte Sohn und vermisste Bruder?

Sasha Marianna Salzmann erzählt mit großer »Chuzpe« eine Familiengeschichte zwischen Schmerz und Glück. Und die Geschichte einer erstaunlichen Desintegration, die die Kraft hat, Menschen sich und einander näher zu bringen.

Der Regisseur Hakan Savaş Mican hat bereits mehrere Texte Salzmanns auf die Bühne gebracht. In seiner Inszenierung von Muttersprache Mameloschn kommt es zu einer besonderen Wiederbegegnung, denn Ursula Werner kehrt nach langen Jahren für die Rolle der Lin wieder ans Gorki Theater zurück. 


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Premiere am 7/Dezember 2023


Foto: Esra Rotthoff
Bühnenfotos: Ute Langkafel MAIFOTO

Trailer: Schnittmenge

Im Rahmen des 6. Berliner Herbstsalon 2023 LOST – YOU GO SLAVIA 

Aktuelles Datum
Fr.
19:30
Bühne

with English surtitles

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Team

Kostüme

Musik / Live-Musik

Besetzung

Anastasia Gubareva

Daniel Kahn

Alexandra Sinelnikova

Ursula Werner

Pressestimmen

»Ursula Werner, der robuste, offenbar unerschütterlich in sich ruhende Fels des Gorki-Ensembles, gibt ihrer Lin mit schöner Lakonie eine unsentimentale Lebensklugheit, auch die nötige Härte und Egozentrik eines schwierigen Lebens.«

Peter Laudenbach, Süddeutsche Zeitung

»Am faszinierendsten ist aber Ursula Werner als Großmutter, die für diese Rolle nach langer Zeit ans Gorki zurückkehrt. Man bewundert ihre Lin restlos für ihren Heldenmut, die nie endende Kraft, mit der sie ihr Leben gemeistert hat […].« 

Gabi Hift, nachtkritik.de

»Die Dialoge von Salzmann – inszeniert von Hakan Savaş Mican, dessen Spezialität behutsam erzählte Lebenswege sind – bestehen aus kurzen, einfachen, für sich genommen fast unschuldigen Sätzen, die mit Kraft und aus tiefer Kenntnis um den anderen auf den Schmerz zielen.« 

Ulrich Seidler, Berliner Zeitung

»Hakan Savaş Mican […] lässt die Geschichten, die Witze einfach für sich sprechen und das ist genau richtig.«

 

»Das […] Kammerspiel […] mit pointierten Dialogen, starken Figuren und guten Schauspielerinnen inszeniert, hat die psychologische Wohnzimmer-Intimität von diesen drei Frauen und gleichzeitig aber auch den politischen Blick nach außen. Dieser politische Blick […] lässt das Stück heute noch aktueller wirken als 2012.«

Barbara Behrendt, rbb Kultur