Hymne an die Liebe

Hymn do miłości / Hymn To Love

Deutschland-Premiere: 11.06.2017
Letzte Vorstellung: 12.11.2017 (Derzeit keine Tickets erhältlich)


Ein Stück über Europa, das die Reihen festigt und schreit: Gebt uns unser Land zurück! Polen schließt sich eifrig diesem Chor an.

Hymne an die Liebe ist der dritte Teil des europäischen Triptychons (M)OTHER COURAGE von Marta Górnicka. Das Bild eines KZ-Orchesters und der Holocaust werden zum Ausgangspunkt einer Auseinandersetzung mit den erstarkenden nationalistischen Tendenzen in Europa und der Flüchtlingskrise. In ihrem Libretto zu Hymne an die Liebe demonstriert sie die brutale Sprache der heutigen Politik: Sie verweist auf die im Internet um sich greifende Sprache des Hasses, zitiert Erklärungen von Politikern sowie Aussagen von Fundamentalisten und Terroristen (u. a. Ausschnitte aus Anders Breiviks Manifest 2083 - Eine Europäische Unabhängigkeitserklärung und Ansprachen von Abu Bakr al-Baghdadi und Osama bin Laden) und konfrontiert sie mit Pop-Songs und patriotischen Liedern. Sie verwendet musikalische und rituelle Strukturen, bedient sich Volkslieder und Gebetstexte, um am Ende die Frage zu stellen, in welche Richtung uns das sich aus ihnen zusammenfügende Lied führt.

»In Hymne an die Liebe komponiere ich ein fürchterliches ›Nationalgesangsbuch‹. Ich glaube, dass der Chor als Gemeinschaftsfigur zeigen kann, wie die unbewussten Gemeinschaftsmechanismen funktionieren. Sein Lied enthüllt die Grausamkeit einer Gemeinschaft, die in der Liebe zum Vaterland verbunden ist, in dem es ausschließlich eigene Leute gibt. Solch eine Liebe ist eine perverse Realisierung des Gebotes ›Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!‹. ›Ihr müsst mich für meine siebenundsiebzig Opfer anbeten‹, fordert Anders Breivik, ›Einsätze, wie der meine, retten hunderttausende Wesen, die sonst bei den kommenden Bürgerkriegen verschwinden würden. Ich bringe die Welt in Ordnung. Ich komme, um zu heilen‹. (Marta Górnicka)

Marta Górnicka im Interview mit George Mitropoulos

Mit Sylwia Achu, Pamela Adamik, Anna Andrzejewska, Maria Chleboś, Konrad Cichoń, Piotr B. Dąbrowski, Tymoteusz Dąbrowski, Maciej Dużyński, Anna Maria Gierczyńska, Paula Głowacka, Maria Haile, Wojciech Jaworski, Borys Jaźnicki, Katarzyna Jaźnicka, Ewa Konstanciak, Irena Lipczyńska, Kamila Michalska, Izabela Ostolska, Filip Piotr Rutkowski, Michał Sierosławski, Ewa Sołtysiak, Ewa Szumska Krystyna Lama Szydłowska, Kornelia Trawkowska, Anastazja Żak

Eine Produktion von THE CHORUS OF WOMEN Foundation und Teatr Polski w Poznaniu, in Koproduktion mit dem Maxim Gorki Theater und dem Ringlokschuppen Ruhr. Kofinanziert durch die Stadt Warschau, die Stadt Posen und die Kunststiftung NRW. Mit freundlicher Unterstützung des Goethe Instituts München, des Goethe Instituts Warschau und dem Center for Contemporary Art Ujazdowski Castle

Konzept, Libretto und Regie
Marta Górnicka

Team

Choreografie

Dramaturgie

Bühne

Regieassistenz

Choreografie Assistenz

Kostümassistenz

Musikassistenz und musikalische Beratung

Technische Leitung

Pressestimmen

Der Chor besteht aus Theater-Profis und Laien verschiedener Hautfarben und Herkünfte, aus Alten und Jungen, aus Menschen mit Downsyndrom. So divers wie die Gesellschaft selbst eben. Zum einen schafft die Regisseurin damit das lebendige Gegenbild zur behaupteten völkischen Reinheit der Rechten. Zum anderen führt sie die fatale Leichtigkeit vor, mit der sich eine beliebige Gemeinschaft hinter den Jägerzaun des diffusen Heimatbegriffs pferchen lässt, den es vermeintlich zu verteidigen gilt. Eine starke, eine beklemmende Inszenierung.

Tagesspiegel

Einer der eindrucksvollsten Momente ist der, in dem die Schauspieler immer wieder ins Publikum sprechen, dass die Polen doch nur einfache Menschen seien. Sie wiederholen es so oft, bis sie anfangen zusammenzurücken, lauter zu werden. Am Ende bellen sie nur noch, wie ein in die Ecke gedrängter Hund. Wenn es stimmt, dass niemand in Europa so nationalistisch sei, wie die Polen, dann ist es auch richtig, dass niemand so selbstkritisch ist.

Berliner Zeitung

So bellt Górnickas gemischter Chor meistens und schreit, aber er kann auch flüstern. Es ist dieser Effekt der Verfremdung durch das Herauslösen der Worte aus dem Kontext oder das stimmliche Auf- und Abrollen von bedeutungsüberladenen Worten, der diesen Losungen einen neuen Resonanzraum eröffnet. Und diese Form des Theaterspielens so eminent politisch macht. „Hymne an die Liebe“ ist eine Bestandsaufnahme der gegenwärtigen vorherrschenden Stimmung in der polnischen Gesellschaft, gebrochen im nationalen traditionellen Liedgut.

taz