Yael Ronen begibt sich mit dem Ensemble für ihr neues Projekt auf eine historische und künstlerische Recherche zur Geschichte der »Hexen« und ihrer Verfolgung in Europa.
Das Phänomen der Hexenjagd erreichte in Deutschland in der frühen Neuzeit zwischen Reformation und den folgenden Religionskriegen seinen Höhepunkt und fand erst um 1800 ein Ende. Mehr als die Hälfte aller weiblichen Opfer weltweit wurden in deutschen Städten und Dörfern gemartert und verbrannt. Zehntausende Frauen starben. Die Bibelstelle »Eine Hexe sollst Du nicht am Leben lassen« (2. Buch Mose, 22, 17) hatte sich in ein Instrument zur allgemeinen Verfolgung und Disziplinierung von Frauen verwandelt.
In dieser Zeit des beginnenden Kapitalismus entsteht das moderne Patriarchat, das sich letzthin als erstaunlich überlebensfähig erwiesen hat. Begründet sich in der Figur der Hexe ein machtvolles Bild zur fortdauernden Abwertung des Weiblichen in der religiösen aber auch in der ökonomischen Welt in den folgenden Jahrhunderten?
Ronen und Ensemble suchen hinter dem historisch überlieferten Bild das Potential für eine widerständige, ja utopische Praxis zur Überwindung des Patriarchats und seiner Bilder von Frauen und Männern. Sie erforscht mit den Mitteln des Theaters, wie sich diese Geschichte in die Körper von Frauen eingeschrieben und wie sich diese Körper wieder aus einer Erfahrung der Unterdrückung befreien können. Welches Wissen, welche Praxis ging verloren bei der Verfolgung von »Hexen«, die vielleicht Heilerinnen und Ratgeberinnen insbesondere für die Armen waren? Welche performativen Rituale haben im zeitgenössischen Schamanismus jenseits des männlichen Monotheismus überlebt und können Inspiration sein für eine Kunst, die davon träumt alle Körper zu befreien – weibliche und männliche und alle dazwischen? Und wie kann Theater in seinen Ritualen und Geschichten davon handeln und erzählen?
Das Projekt macht sich auf den Weg und arbeitet am zeitnahen Untergang des Patriarchats. The Witches are coming back!
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Uraufführung: 1. November 2019
Foto: Esra Rotthoff
Bühnenfotos: Ute Langkafel
»Die Aufführung nervt und irritiert aufs Schönste, und genau das will sie auch. Es ist eine schrille, spöttische Abrechnung mit beiden Seiten, mit 5000 Jahren Männerherrschaft ebenso wie dem Romantisieren pseudofeministischer Irrationalität im Namen einer erleuchteten Weiblichkeit.«
»Der Abend ist in seiner wilden Mischung aus Ritual, Dystopie, Komödie und Musical (Larsson, Terziyan und Riah May Knight singen hinreißend) eine erstaunlich fröhliche Antwort auf die Frage, wie man das Thema der Klimakatastrophe und unsere Antwort darauf erzählen kann, ohne daraus ein Trauerspiel mit erhobenem Zeigefinger zu machen.«
»So ergibt sich in weniger als 90 Minuten einer dieser so unterhaltsamen wie vielschichtigen Ronen-Abende, aus denen man mit einem klaren Arbeitsauftrag rausgeht: das eigene Leben zu ändern.«
»Wir befinden uns in Yael Ronens neuem Stück mit dem beschwörenden Titel Rewitching Europe, das wie immer furchtlos durch Raum und Zeit, hier durch Unter- und Oberwelt besenreitet. Ja, es geht um alles und das rettende Nichts an diesem todernsten, trotzdem nie unlockeren, unwitzigen Abend […].«
»Es ist ein komisches, schauspielerisch überkandideltes, rhetorisch intelligentes und musikalisch groteskes Hexenspektakel.«