Kunst | Theater | Akademie
26. Oktober – 17. November 2019
Maxim Gorki Theater
Palais am Festungsgraben, Zeughauskino, Haus der Statistik und Stadtraum
Eintritt frei
(ausgenommen Bühnenveranstaltungen)
Organisiert von Shermin Langhoff mit Aljoscha Begrich, Çağla Ilk (Ausstellung), mit Erden Kosova, Ong Keng Sen, Irina Szodruch (Young Curators Academy), mit Rebecca Ajnwojner (Konferenz) und Elena Sinanina (Teamleitung und künstlerische Mitarbeit)
Die vierte Ausgabe des Berliner Herbstsalons ist ein interdisziplinäres Festival mit Theater, Kunst und Diskurs jenseits von »Heimat«. Für drei Wochen lädt das Gorki die Besucher*innen in die Mitte Berlins ein, um die Vielstimmigkeit von internationalen Berliner Künstler*innen zu hören, und neue Perspektiven auf Zugehörigkeit zu entwickeln: in einer Ausstellung von 40 Künstler*innen, in fünf Theaterpremieren, zusätzlichen Gastspielen und Performances. Erstmals sind auch eine Konferenz und eine Akademie mit Kulturschaffenden aus der ganzen Welt Teil des Programms.
»Heimat« hat Hochkonjunktur, ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen und wird nicht nur von Rechten und Konservativen diskutiert. Aber Heimat als politisches Konzept hat eine lange und gewaltvolle Geschichte. Der weltweite Siegeszug der Autokraten, von Nationalismus und neoliberalen Regimen, zeigt erneut, dass Heimat immer auch Nation und »Vaterland« bedeutet – eine patriarchal-autoritäre Vorstellung, die nicht alle einzuschließen in der Lage ist.
»De-heimatize it!« ist darum das Gebot der Stunde. Der 4. Berliner Herbstsalon fragt: Wie lassen sich Zugehörigkeiten anders denken? Aus feministisch-intersektionalen Perspektiven wird die künstlerische Auseinandersetzung mit der Verschränkung verschiedener Weisen von Ausgrenzung gezeigt – wie auch der künstlerische Widerstand dagegen. Die Künstler*innen laden Besucher*innen ein, neue Ideen von Gemeinsamkeit jenseits tradierter Hierarchien zu erkunden.
Für 23 Tage werden Gorki Theater, Palais am Festungsgraben, Zeughauskino, Haus der Statistik und weitere Orte in der Stadt zur Plattform, um Kultur radikal divers zu denken. Hierarchischen Kategorisierungen setzt der 4. Berliner Herbstsalon eine multiperspektivische, interdisziplinäre Schau von hauptsächlich Künstlerinnen entgegen: Kunst, Theater, Aktivismus und Diskurs finden zusammen, um Komplexitäten, Vielheit und Solidarität zu feiern.
Bei freiem Eintritt können die Besucher*innen die Ausstellung im Maxim Gorki Theater, Palais am Festungsgraben, Zeughauskino, Haus der Statistik und weiteren Orten im Stadtraum besuchen.
Die Arbeiten von rund 40 internationalen Künstler*innen zeigen den vielfältigen Widerstand gegen Ausschluss und Marginalisierung – und eröffnen neue Visionen jenseits enger Zugehörigkeitskorsetts. Der Berliner Herbstsalon setzt die Zusammenarbeit mit Künstler*innen wie Grada Kilomba, Banu Cennetoğlu, Danica Dakić und Mehtap Baydu fort und ergänzt diese mit neuen Positionen u.a. von Candice Breitz und Larissa Sansour.
Viele Künstler*innen knüpfen an Themen an, die sie bereits am Gorki bearbeitet haben: Grada Kilomba, die mit einer neuen Videoinstallation europäische Mythen überschreibt; oder Marta Górnicka, die einen feministischen Chor gegen das Patriarchat ansingen lässt; Delaine Le Bas, die mit ihrer Installation Witch Hunt (2009-2019) die Verfolgung von Romnija sichtbar macht und in einem Tempel einer vorpatriarchalen Göttin einen Raum für heutige Feminist*innen öffnet; Sanja Ivekovićs Werk rund um das niedergerissene Denkmal für Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht von 1926; oder Danica Dakićs Zenica-Triologie, die anhand des größten Theaters Ex-Jugoslawiens Geschichten von Menschen heute erzählt. Tanja Ostojićs Lexicon of Tanja Ostojić (2011-heute) ist eine Installation, die Lebenswege gleichnamiger Frauen vernetzt. Banu Cennetoğlu verdichtet die eigene Kunstproduktion, privaten Alltag und politischen Aktivismus in einer umfassenden Video-Dokumentation. Mehtap Baydu entwickelt eine radikal körperliche Dauerperformance; Regina José Galindo thematisiert in ihren Arbeiten, zumeist im öffentlichen Raum, Gewalt gegen Frauen, und Šejla Kamerić befasst sich mit dem eigenen Körper, der anderen als Projektionsfläche dient.
Auch an weiteren, bedeutsamen Orten sind Arbeiten zu sehen. So zum Beispiel Yael Bartanas Videoarbeit Tashlikh (2017): die Inszenierung eines Reinigungsrituals vor dem Hintergrund traumatischer Erfahrungen wird im Kino des Zeughauses gezeigt; und das Haus der Statistik am Alexanderplatz wird zum Ort künstlerisch-geschichtlicher Auseinandersetzung mit der Zeit von 1989 bis heute: Hier sind Arbeiten von Henrike Naumann, die sich in Tag X (2019) mit Rechtsextremismus in der Mitte der Gesellschaft beschäftigt, und Lola Arias‘ Audition for a Demonstration (2019) zu sehen.
>> Ausstellung <<
Eintritt frei
26. Oktober – 17. November
Mo – Fr: 16 – 22 Uhr, Sa + So: 12 – 22 Uhr
Ort: Maxim Gorki Theater, Palais am Festungsgraben, Zeughauskino, Haus der Statistik, Scotty e.V.
Eröffnung: 26. Oktober, 20.30 Uhr
Mit Morehshin Allahyari, Chiara Baldini / Rafael Kozdron, Yael Bartana, Damian Le Bas, Delaine Le Bas, Mehtap Baydu, Luchezar Boyadjiev, Candice Breitz, Banu Cennetoğlu, Danica Dakić, Silvina Der Meguerditchian, Lea Draeger, Atom Egoyan, Regina José Galindo, Marta Górnicka, Anke Hannemann*, Sanja Iveković, Alfredo Jaar, Šejla Kamerić, Natasha A. Kelly, Grada Kilomba, Katarzyna Kozyra, Alanna Lockward, María Paula Maldonado*, Donna Miranda, Henrike Naumann, Julieta Ortiz de Latierro*, Tanja Ostojić, Ceylan Öztrük, Yael Peri*, Elena Quintarelli, Oliver Ressler / Martin Krenn, Larissa Sansour / Søren Lind, Farzane Vaziritabar*, Claire Waffel*, Ina Weise* u.a.
* Public Art and new Artistic Strategies (MFA) der Bauhaus-Universität Weimar
Was bedeutet es im Jahr 2019, Frau* zu sein in Gesellschaften, die geprägt sind von Sexismus, Rassismus und Klassismus? Das energiegeladene, feministische Theater- und Performanceprogramm spielt gegen die patriarchalen Vorstellungen von Nation und Identität an.
Fünf Bühnenstücke werden im Rahmen des Herbstsalons ihre Premieren am Gorki feiern – sie alle betrachten die Welt mit einem feministischen Blick. Marta Górnicka erzählt in Jedem das Seine, wie im Faschismus und wiedererstarkenden Nationalismus die Körper von Frauen* instrumentalisiert werden. Die Autorin Sivan Ben Yishai und Sasha Marianna Salzmann als Regisseurin gehen in Oder: Du verdienst deinen Krieg (Eight Soldiers Moonsick) der Frage nach, welche Spuren der Dienst am „Vaterland“ am Körper von Soldatinnen hinterlässt. Gorki-Hausregisseurin Yael Ronen entwickelt mit Rewitching Europe widerständige Perspektiven und beendet offiziell das Patriarchat. Rund um die Uraufführung hat sie ein mehrtägiges Programm im Goddess Temple im Gorki-Garten kuratiert. Dort zieht unter anderem Daniel Cremer in The Miracle of Love / Das Wunder der Liebe das Publikum in eine queere Utopie. Und in der Berliner Premiere von Hass-Triptychon – Wege aus der Krise (Regie: Ersan Mondtag) führt Sibylle Berg uns eine dystopische Realität vor Augen.
26.10., 18.00 Uhr, Studio Я, Uraufführung
Oder: Du verdienst deinen Krieg (Eight Soldiers Moonsick)
Von Sivan Ben Yishai
Regie: Sasha Marianna Salzmann
1.11., 20.00 Uhr, Bühne, Uraufführung
Rewitching Europe
Von Yael Ronen & Ensemble
Regie: Yael Ronen
17.11., 18.00 Uhr, Bühne, Berliner Premiere
Hass-Triptychon – Wege aus der Krise
Eine Therapie in drei Flügeln Von Sibylle Berg
Regie: Ersan Mondtag
Eine Produktion des Maxim Gorki Theaters in Koproduktion mit den Wiener Festwochen
Während des Herbstsalons sind als Gastspiel zwei Inszenierungen von Oliver Frljić zu sehen: Imaginary Europe (Schauspiel Stuttgart, Vorstellung am 7.11., 20.00 Uhr), das sich mit einem vielsprachigen Ensemble auf die Suche nach einem theatralen Utopia begibt, und Medea, eine Produktion des slowenischen Nationaltheaters Maribor (8.11., 19.30 Uhr), die den antiken Mythos als emanzipatorisches Experiment zeigt. Aus Warschau kommt das Stück Malina von und mit Marta Malikowska (26. und 27.10.).
Das Theaterprogramm des 4. Berliner Herbstsalons wird ergänzt durch feministisch-intersektionale Stücke aus dem Gorki-Repertoire. Darunter Die Verlobung in St. Domingo – ein Widerspruch von Necati Öziri gegen Heinrich von Kleist, Stören von Suna Gürler & Ensemble, Common Ground von Yael Ronen & Ensemble und Tyskland von White on White.
Die internationale Konferenz unter dem Titel De-heimatize Belonging, die als Auftakt des Herbstsalons stattfindet, versteht sich als diskursive Intervention. Die Young Curators Academy ist eine Plattform: Von und für Aktivist*innen, Theatermacher*innen, Kurator*innen und Kulturschaffende, feministische und queere, die auf der ganzen Welt unter erschwerten ökonomischen oder politischen Bedingungen arbeiten. Sie reisen an aus Marokko oder Vietnam, Palästina, dem Senegal, Albanien, den USA, Kuba oder Taiwan. Auf öffentlichen Events werden die Erfahrungen mit dem Publikum geteilt.
>>> De-heimatize Belonging Konferenz <<<
25. – 27. Oktober 2019
Ort: Humboldt-Universität Berlin, Maxim Gorki Theater
Initiiert von Shermin Langhoff, hosted by Bilgin Ayata (Universität Basel), Naika Foroutan, Damian Ghamlouche (HU Berlin), Julia Roth (Universität Bielefeld), Gabriele Dietze (HU Berlin), Emilia Roig (Center for Intersectional Justice), Rebecca Ajnwojner (Maxim Gorki Theater)
Programm und Streaming hier
>>> Young Curators Academy <<<
26. Oktober – 4. November
Auftakt: 26. Oktober, ab 20.30 Uhr
Mit 35 internationalen Kulturmacher*innen aus der ganzen Welt
Öffentliche Präsentationen im Young Curators Academy Marathon vom 26. – 28.Oktober
Mehr hier
P R E S S E
Termine:
+ Presserundgang am 24. Oktober, 11.00 Uhr, Maxim Gorki Theater
+ Eröffnung am Samstag, 26. Oktober
Pressekontakt:
Pressebüro Maxim Gorki Theater: Xenia Sircar und Sonja Vogel
presse@gorki.de, Tel.: +49 30 20221 355, mobil: +49 151 16254212
Denhart v. Harling (Bildende Kunst): dh@segeband.de, Tel.: +49 179 4963497
Pressebilder
Hochauflösende Pressebilder finden Sie hier
Der 4. Berliner Herbstsalon wird gefördert durch die Senatsverwaltung für Kultur und Europa und die Schöpflin Stiftung.
Die Young Curators Academy wird gefördert vom Hauptstadtkulturfonds, dem Auswärtigen Amt und der Allianz Kulturstiftung.
Die De-heimatize Belonging Konferenz ist ein Projekt des Maxim Gorki Theaters mit der Humboldt Universität zu Berlin / Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung im Rahmen des 4. Berliner Herbstsalons in Kooperation mit dem Center for Intersectional Justice gefördert von der Bundeszentrale für Politische Bildung.
Einzelne Projekte des 4. Berliner Herbstsalons in Kooperation mit der Kulturprojekte Berlin GmbH, Zeughauskino, Deutsches Historisches Museum und Bildmuseet, Umeå University, Schweden.