»Freilich hatte Sachar Pawlowitsch einen Mann gekannt, einen Fischer vom Mutjowosee, der hatte viele Leute über den Tod ausgefragt und an seiner Neugier gelitten; dieser Fischer liebte mehr als alles die Fische, nicht als Speise, sondern als besondere Wesen, die wahrscheinlich das Geheimnis des Todes kannten.
Er zeigte Sachar Pawlowitsch die Augen toter Fische und sagte: »Sieh, welche Weisheit. Der Fisch steht zwischen Leben und Tod, darum ist er stumm und sein Blick ohne Ausdruck; selbst ein Kalb denkt, doch ein Fisch nicht – er weiß schon alles.« Der Fischer beobachtete jahrelang den See und dachte immer nur über eines nach – über das Rätsel des Todes. Sachar Pawlowitsch versuchte es ihm auszureden: »Dort gibt es nichts Besonderes, nur irgendwas Enges.« Übers Jahr hielt es der Fischer nicht mehr aus und stürzte sich vom Boot in den See, nachdem er sich mit einem Strick die Füße zusammengebunden hatte, um nicht doch versehentlich zu schwimmen. Insgeheim glaubte er überhaupt nicht an den Tod, er wollte vor allem sehen, was es dort gab, vielleicht war das viel interessanter, als im Dorf zu leben oder am Ufer des Sees; er sah den Tod als ein anderes Gouvernement, unter dem Himmel gelegen, als wäre es am Grunde eines kühlen Wassers, und er fühlte sich zu ihm hingezogen. Manche Männer, zu denen der Fischer von seiner Absicht sprach, eine Zeitlang im Tod zu leben und dann zurückzukehren, wollten es ihm ausreden, andere pflichteten ihm bei: »Na ja, Versuch macht klug, Dmitri Iwanowitsch. Probier’s, dann erzählst du’s uns.« Dmitri Iwanowitsch probierte es; drei Tage später hatten sie ihn aus dem See gezogen und auf dem Dorffriedhof am Zaun beerdigt.«
Andrej Platonow: Tschewengur, Suhrkamp Verlag, 2018.