Pressebrief, 10. Oktober 2023


Maxim Gorki Theater im November: 6. Berliner Herbstsalon LOST – YOU GO SLAVIA +++ Berlin-Premiere von MOTHERS – A SONG FOR WARTIME und Premiere von WHILE HISTORY WRITES ITSELF am 3/November


Liebe Journalist*innen,
  
kürzlich feierte das vom Maxim Gorki Theater koproduzierte Stück MOTHERS – A SONG FOR WARTIME von Marta Górnicka in Warschau Premiere. Ein Chor von mehr als 24 Frauen und ihren Kindern aus der Ukraine, Belarus und Polen erzählt von den Kriegsritualen gegen Frauen, ebenso wie von Sehnsüchten und Hoffnungen. Das Grauen wird sichtbar, aber auch die Entschlossenheit, ihm entgegenzutreten. Das »never again«, mit Betonung auf »again«, das am Ende des Stücks von Marta Górnicka immer wieder zu hören ist, ist eine Mahnung.
 
Am 3/November findet die Berliner Premiere von MOTHERS – A SONG FOR WARTIME im Rahmen des 6. Berliner Herbstsalons LOST – YOU GO SLAVIA statt. Das Stück spielt auch am 4/9/November. Vor der Vorstellung am 4/November erzählt Ana Miljanić, Mitbegründerin und Direktorin des Zentrums für Kulturelle Dekontamination in Belgrad, zusammen mit der Kuratorin Ana Sladojević in der Lecture Performance AN ANTI-WAR CENTER von den sozialen, kulturellen und politischen Veränderungen der letzten drei Jahrzehnte nach dem Jugoslawienkrieg. 
 
Ebenfalls am 3/4/November präsentieren wir in szenischen Lesungen im STUDIO Я neue Stücke, die in der Gorki Schreibwerkstatt WHILE HISTORY WRITES ITSELF entstanden. Auf Sasha Marianna Salzmanns Initiative hin und unter der Leitung von Anastasiia Kosodii und Johannes Kirsten haben die Autor*innen Julia Cimafiejeva, Davit Gabunia, Natalia Graur, Kateryna Penkova, Ivana Sajko und Tanja Šljivar seit Januar im Angesicht der grausamen Realität des Krieges für das Theater geschrieben.
 
Nach der Vorstellung von MOTHERS – A SONG FOR WARTIME am 9/November gibt es im Gorki die Veranstaltung JUSTICE IN TIMES OF WAR – ADVOCATING FOR HUMAN RIGHTS. Es sprechen die ukrainische Menschenrechtsaktivistin und aktuelle Friedensnobelpreisträgerin Oleksandra Matwijtschuk, der israelische Architekt und Historiker der forensischen Ästhetik Eyal Weizman und die ehemalige Richterin am deutschen Bundesverfassungsgericht Susanne Baer. Moderiert wird die Veranstaltung von Wolfgang Kaleck, dem Generalsekretär des European Center for Constitutional and Human Rights
 
FUCKING TRUFFAUT des ukrainischen Bliadski Circus Queelective ist eine Koproduktion mit dem Studio Я im Gorki. Truffaut schrieb einmal, auch der entschlossenste Antikriegsfilm laufe immer Gefahr, zu einem Pro-Kriegsfilm zu werden. Regisseurin Roza Sarkisian untersucht, wie man dieser Falle entgeht. Via Internet wird auch der*die ukrainische*r queere*r Künstler*in und trans Soldat*in Antonia Romanova zu Gast sein. Die Berlin-Premiere feiern wir am 10/November im Studio Я.
 
Im November freuen wir uns zudem auf ein Gastspiel unseres künstlerischen Co-Leiters Oliver Frljić im Rahmen des 6. Berliner Herbstsalons LOST – YOU GO SLAVIA. Vom Mladinsko Theater in Ljubljana kommt MASS FOR YUGOSLAVIA. Darin stellt er die Frage, was Jugoslawien hätte werden können und was es geworden ist. MASS FOR YUGOSLAVIA ist eine theatrale Exhumierung des Leichnams der jugoslawischen Kultur und eine Verkörperung ihrer verschiedenen Geister. Sie steht in der Dämmerungszone zwischen gescheiterten sozialistischen Träumen und realisierten kapitalistischen Albträumen. Lieder und eindrucksvolle Bilder treten in diesem Stück an die Stelle gesprochener Worte. Gastpielpremiere ist am 16/November
 
Ebenfalls aus Ljubljana kommt Laibach. Das Spiel mit subversiven Symbolen ist dem künstlerischen Programm der 1980 im heutigen Slowenien gegründeten Kultband eingeschrieben. Am 1/November kommt die Gruppe zu uns ins Gorki. Dabei spielen sie ihr 1983 in Zagreb aufgeführtes Programm WE FORGE THE FUTURE und ergänzen die Performance um neue Interpretationen.
 
Am 18/November endet die von Oliver Frljić kuratierte Filmreihe WHAT DO YOU WANT TO SEE? mit der Vorführung von FORTRESS EUROPE des international hochangesehenen Regisseurs Želimir Žilnik, im Anschluss spricht er mit dem Autor und Kulturkritiker Boris Buden. Žilnik wurde 1942 in dem von der Gestapo geführten Konzentrationslager Crveni Krst bei Niš geboren. FORTRESS EUROPE entstand im Jahre 2000. Gedreht wurde in Ungarn, Slowenien, Kroatien und Italien.
 
Seien Sie herzlich eingeladen zu diesen und weiteren Veranstaltungen des 6. Berliner Herbstsalons LOST – YOU GO SLAVIA im November. Sofern Sie dazu bisher keine Gelegenheit hatten, möchten wir Sie ermuntern, im Magazin zum Festival mit ausführlichen Informationen zum Programm zu stöbern.
 
 
Beste Grüße
 
Elisa Thorwarth (Referentin Presse- und Kommunikation)
Alexander Ostojski (Referent Presse- und Kommunikation)
Nino Medas (Pressesprecher und Leitung Kommunikation)
 
Presse 
Maxim Gorki Theater Berlin
Am Festungsgraben 2
10117 Berlin
Tel. 030 - 20221 355 / 392
presse@gorki.de
www.gorki.de  
 
 
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Highlights im November: 

  
6. Berliner Herbstsalon
LOST – YOU GO SLAVIA
Theatre / Exhibition / Performance / Lecture / Talk / Cinema and more
28/September–10/Dezember 2023
 
Curated by Shermin Langhoff & Oliver Frljić with Johannes Kirsten Co-Curator Erden Kosova Assistant Curator Gabriela Seith Scenography Pia Grüter Curatorial Assistance Nele Lindemann, Theresa Welge Scenography Assistants Alice Faucher, Ronja Bendel, Ruby Wisdom
 
Nach dem Angriff Russlands auf die gesamte Ukraine am 24/Februar 2022 war immer wieder die Rede vom ersten Krieg in Europa seit 1945. Was? Wurde da nicht etwas vergessen? Unsere Freund*innen und Kolleg*innen aus dem ehemaligen Jugoslawien rieben sich verwundert die Augen und diejenigen von uns, die sich erinnern können und wollen, haben die Namen Osijek, Vukovar, Srebrenica, Sarajevo und Omarska im Ohr genauso wie wir heute die Namen Bucha, Irpin, Cherson, Bachmut und Mariupol nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Und ist das nicht wiederum zu eurozentrisch gedacht? Geht es nicht gerade um viel globalere Fragen? Was tun? Wie begegnen wir all den Krisen bei uns und in der Welt? Diese Fragen des 6. Berliner Herbstsalons standen bereits über dem Prolog im Frühling GEZİ – TEN YEARS AFTER. Jetzt im zweiten Teil LOST – YOU GO SLAVIA schauen wir, was der blutige Zerfall Jugoslawiens mit dem Heute zu tun hat. Staatsgebilde zerfallen nicht einfach so. Das sahen wir vor 30 Jahren, das sahen wir 2008 in Georgien, 2011 im Sudan und seit 2014 in der Ukraine. Und was hat unsere Politik, unsere Geschichte, unser Nichtwissen mit all dem zu tun?
 
Öffnungszeiten der Ausstellungen:
Di–Do 18:00–22:00 Uhr
Fr–So 14:00–22:00 Uhr
  
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Konzert 
LAIBACH: MI KUJEMO BODOČNOST (WE FORGE THE FUTURE)
1/November, 20:00 Uhr, Bühne
 
We Forge The Future war der Name der Laibach Performance, die am 23/April 1983 im Rahmen der XII. Musikbiennale Zagreb stattfand. Als Ergebnis einer heftigen öffentlichen und medialen Kampagne gegen die Musikgruppe wurde Laibach in Jugoslawien bis 1987 formell verboten. Die Band wurde 1980 in Trbovlje, einer industriellen Kohlebergbaustadt im Zentrum Sloweniens, gegründet. Für den Auftritt im Gorki Theater werden Laibach das Programm um neue Interpretationen von Liedern ergänzen, die sie 1980 in Trbovlje mit Rdeči revirji (Rote Bezirke) aufführen sollten, ihrem ersten Multimedia-Projekt, das die eklatanten Widersprüche der politischen und kulturellen Situation im Lande herausfordern sollte, jedoch verboten wurde. Diese Interpretationen wurden am 1/Januar 2023 auf dem Album Sketches of the Red Districts (GOD Records) veröffentlicht.
 
Im Rahmen des 6. Berliner Herbstsalons LOST – YOU GO SLAVIA
 
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Berlin-Premiere
MOTHERS – A SONG FOR WARTIME
3/November, 19:00 Uhr, Bühne
 
Konzept & Regie Marta Górnicka Libretto Marta Górnicka & Ensemble Musik Marta Górnicka, Wojciech Frycz Choreografie Evelin Facchini Bühne Robert Rumas Kostüme Joanna Załęska Dramaturgie Olga Byrska, Maria Jasińska Video Michał Rumas, Michał Jankowski Ukrainische Librettoübersetzung Olesya Mamchych Belarussische Librettoübersetzung Maria Pushkina Englische Librettoübersetzung Aleksandra Paszkowska Produktion Łukasz Jaskuła, Fundacja Chór Kobiet, Iwa Ostrowska, Marta Kuźmiak, Magdalena Płyszewska, Katarzyna Jaźnicka
 
Mit Katerina Aleinikova, Svitlana Berestovska, Sasha Cherkas, Palina Dabravoĺskaja, Katarzyna Jaźnicka, Ewa Konstanciak, Liza Kozlova, Anastasiia Kulinich, Natalia Mazur, Kamila Michalska, Hanna Mykhailova, Darya Novik, Valeriia Obodianska, Svitlana Onischak, Yuliia Ridna, Maria Robaszkiewicz, Polina Shkliar, Aleksandra Sroka, Kateryna Taran, Bohdana Zazhytska, Elena Zui-Voitekhovskaya
 
Chorus of Women Stiftung
: Marta Kuźmiak, Iwa Ostrowska, Katarzyna Koślacz
 
Die Kriegsrituale der Gewalt gegen Frauen ändern sich nie. Aus den Berichten ukrainischer, belarussischer und polnischer Mütter und Kinder, die vor Krieg und Verfolgung geflohen sind, kreiert die polnische Regisseurin und Gründerin des Political Voice Institute, Marta Górnicka, ein Chortheaterstück. Dabei setzt sie gemeinsam mit der Gruppe ukrainischer, polnischer und belarussischer Frauen verschiedener Generationen deren Erfahrungen der Gegenwart in Bezug zu dem traditionellen ukrainischen Ritualgesang Shchedrivka / Щедрівка. In MOTHERS – A SONG FOR WARTIME suchen sie nach einer neuen, rituellen, post-operatischen Chorstimme, die sich auf Frauenchöre aus dem siebten Jahrhundert vor Christus bezieht. Ihr Gesang wird zu einer Anklage, einem Ruf, einer Bitte, einer Warnung. Ukrainische Kinderspiele, traditionelle Lieder, Zaubersprüche, Gedichte, Wünsche und politische Aussagen treffen darin aufeinander, in der Hoffnung, dass das Geäußerte in Erfüllung gehen möge. Diese rituell-melodischen Wünsche richten sich nun an alle Menschen, für eine neue, hoffnungsvolle Zeit, für eine Zeit von der wir hoffen, dass sie ein Leben lang dauert.
 
Weitere Vorstellungen:
4/November, 19:00 Uhr, Bühne
9/November, 19:00 Uhr, Bühne
 
Im Rahmen des 6. Berliner Herbstsalons LOST – YOU GO SLAVIA

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Premiere
WHILE HISTORY WRITES ITSELF
3/November, 20:30 Uhr, Studio Я
Initiiert von Sasha Marianna Salzmann
 
Mit Texten von Davit Gabunia, Natalia Graur, Anastasiia Kosodii & Ivana Sajko
 
In der von Sasha Marianna Salzmann initiierten Schreibwerksatt WHILE HISTORY WRITES ITSELF haben die Autor*innen Julia Cimafiejeva, Davit Gabunia, Natalia Graur, Kateryna Penkova, Ivana Sajko, Tanja Šljivar und Marta Górnicka unter der Leitung von Anastasiia Kosodii und Johannes Kirsten seit Januar untersucht, wie ein Schreiben für das Theater im Angesicht der grausamen Realität möglich ist. Aus dem postjugoslawischen und dem postsowjetischen Raum kommend, tauschten sie sich aus über politische Parallelitäten ihrer Herkunftsländer in Hinblick auf zerfallene Staatenbünde, über historische Kontinuitäten und Brüche, über persönliche Perspektiven. In szenischen Lesungen, eingerichtet von Regisseur*innen, die aus denselben Regionen kommen, werden die entstandenen Texte im Studio Я präsentiert
 
Weitere Vorstellung:
4/November, 20:30 Uhr, Studio Я
 
Im Rahmen des 6. Berliner Herbstsalons LOST – YOU GO SLAVIA
 
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Performance
AN ANTI–WAR CENTER
4/November, 17:00 Uhr, Café / Anschl. Q&A moderiert von Oliver Frljić
Von und mit Ana Sladojević, Ana Miljanić
 
In dieser Lecture Performance zeichnet Ana Miljanić (Mitbegründerin und Direktorin des CZKD) die sozialen, kulturellen und politischen Veränderungen der letzten drei Jahrzehnte nach, die die Arbeit des Center for Cultural Decontamination (CZKD) in Belgrad beeinflusst haben. Das Zentrum ist eine gemeinnützige Kultureinrichtung, die 1994 als Reaktion auf die Notwendigkeit gegründet wurde, Antikriegsaktivitäten zu artikulieren und zu unterstützen. Heute erkennt das Zentrum deutlich die veränderten Umstände auf allen Ebenen des politischen Lebens, von der Zivilgesellschaft bis hin zu globalen politischen Ereignissen. In Zusammenarbeit mit der Kuratorin Ana Sladojević reflektiert Ana Miljanić anhand der Archive des Zentrums, was es für eine unabhängige öffentliche Institution bedeutet, heute politisch zu sein.
 
Im Rahmen des 6. Berliner Herbstsalons LOST – YOU GO SLAVIA
 
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Vortrag und Gespräch
JUSTICE IN TIMES OF WAR? ADVOCATING FOR HUMAN RIGHTS
9/November, 20:15 Uhr, Bühne
 
Ein Gespräch mit Oleksandra Matwijtschuk, Susanne Bae, Eyal Weizman Moderation Wolfgang Kaleck
 
Am 9/November sprechen im Anschluss an das Gastspiel von MOTHERS – A SONG FOR WARTIME die Menschrechtsverteidigerin und Friedensnobelpreis trägerin Oleksandra Matwijtschuk aus der Ukraine, der britisch-israelische Architekt Eyal Weizman, Gründer und Direktor von Forensic Architecture und die ehemalige Richterin am Bundesverfassungsgericht Susanne Baer, moderiert und gerahmt von Wolfgang Kaleck, Generalsekretär des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) über ihre Praxis, Menschenrechte als Instrument zu nutzen, um in Zeiten des Krieges und des Wiederaufbaus durch ihren Einsatz mit interdisziplinären Methoden Beweise zu sammeln und Gerechtigkeit wiederherzustellen.
 
Im Rahmen des 6. Berliner Herbstsalons LOST – YOU GO SLAVIA
 
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Koproduktionsgastspiel
FUCKING TRUFFAUT
10/November, 20:30 Uhr, Studio Я
Von und mit Bliadski Circus Queelective
 
Regie Roza Sarkisian Dramaturgie Krysia Bednarek Komponisten Maja Luxenberg, Alexandra Malatskovskaya Perfomance Maja Luxenberg, Alexandra Malatskovskaya, Vera Popova Video Performance Antonina Romanova Video Magda Mosiewicz Kostüme & Raum Kiju Klejzik Curator Agata Siwiak
 
FUCKING TRUFFAUT, von Bliadski Circus Queelective für das Maxim Gorki Theater erarbeitet, stellt unter der Leitung der ukrainischen Regisseurin Roza Sarkisian Fragen wie: Können wir neue Narrative des Kriegsdiskurses erforschen und entdecken? Ist kritische Kunst möglich in Zeiten, in denen die gesamte Kultur auf eine Propagandaschiene gebracht wurde? Wie kann man dem Kreislauf der Reproduktion des künstlerischen militaristischen Diskurses entkommen? Braucht die Gesellschaft das Theater, wenn Kamikaze-Drohnen über unsere Köpfe hinwegfliegen? Um die Antworten auf diese Fragen zu erforschen, geht die Praxis von Bliadski Circus Queelective nicht von einem Diskurs des Traumas aus, sondern von einer Performance der Möglichkeiten. Dadurch stellt Queelective Kriegsdiskurse, -erfahrungen und -darstellungen auf den Kopf. Der besondere Gast des Abends ist Antonina Romanova – ein*e ukrainische*r queere*r Künstler*in und trans Soldat*in – die sich über das Internet mit Berlin verbinden wird.
 
Weitere Vorstellung:
11/November, 20:30 Uhr, Studio Я
 
Im Rahmen des 6. Berliner Herbstsalons LOST – YOU GO SLAVIA

 
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Gastspiel
MASS FOR YUGOSLAVIA
16/November, 20:30 Uhr, Studio Я
Von Oliver Frljić 
 
Dramaturgie Goran Injac, Tomaž Toporišič Kostüme Sandra Dekanić, Slavica Janošević Bühnenbild Oliver Frljić, Dalibor Laginja Sounddesign Silvo Zupančič Lichtdesign David Cvelbar
 
Mit Primož Bezjak, Uroš Kaurin, Jerko Marčić, Nika Mišković, Draga Potočnjak, Matej Recer, Blaž Šef
 
Obwohl Jugoslawien seit über 30 Jahren Vergangenheit ist, dient es immer noch zur Abschreckung für jede*n, der/die sich weigert, die Logik nationaler Identitäten zu akzeptieren und sich daran erinnert, dass auf allen Seiten der heutigen Grenzen zwischen den ehemaligen sozialistischen Republiken Menschen und Monster wie wir leben. Jemand mit wenig zugewandten Absichten könnte hinzufügen: Einige von uns leben in der EU und einige außerhalb, ohne Aussicht auf einen Beitritt. Die meisten von uns verstehen sich ohne Übersetzungen, obwohl nationale Sprachpolitiken alles Erdenkliche getan haben, um uns zu überzeugen, dass wir einander ohne Untertitel nicht verstehen könnten. Was machen wir unter diesen Umständen mit der Kultur, die als die jugoslawische galt? Begraben wir sie tief im Massengrab unserer Erinnerungen? Und warten wir dann darauf, dass jemand kommt und sie ausgräbt und ihre körperlosen Teile zur Identifizierung freilegt?
MASS FOR YUGOSLAVIA ist eine theatrale Exhumierung des Leichnams der jugoslawischen Kultur und eine Verkörperung ihrer verschiedenen Geister. Sie steht in der Dämmerungszone zwischen gescheiterten sozialistischen Träumen und realisierten kapitalistischen Albträumen. Das Stück nimmt eine Autopsie einiger der ikonischsten jugoslawischen Kunstwerke vor und zeigt uns das Paradox brüderlicher Liebe, die an tödlichen Hass grenzt – ein Paradox, das Jugoslawien genannt wurde. Es lebt von der Spannung zwischen dem, was Jugoslawien sein könnte, und dem, was es geworden ist. Zwischen der Nostalgie für Jugoslawien und dem Verbot seiner Erinnerung entscheiden wir uns für keines von beiden.
 
Weitere Vorstellungen:
17/November, 20:30 Uhr, Studio Я
18/November, 20:30 Uhr, Studio Я
 
Im Rahmen des 6. Berliner Herbstsalons LOST – YOU GO SLAVIA

 
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Film
FORTRESS EUROPE
18/November, 18:00 Uhr, Studio Я
Von Želimir Žilnik
 
Dieses Doku-Drama wurde in den Grenzregionen zwischen Ungarn und Slowenien, Kroatien und Ungarn in der südöstlichen Grenzregion innerhalb der Schengen-Zone gedreht. Die zentrale Handlung dreht sich um eine russische Familie: Svetlana lebt mit ihren Freund*innen in Triest und wartet auf die Ankunft ihrer Tochter Katja. Katja wird von Swetlanas ehemaligem Ehemann (Katjas Vater) Artjom begleitet. Während der Reise haben die beiden Probleme, denn sie finden sich in einem fremden Land ohne Dokumente wieder, die ihre Weiterreise in den Westen legal machen würden.
 
Im Rahmen des 6. Berliner Herbstsalons LOST – YOU GO SLAVIA
 
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Gespräch
WELCOME TO FORTRESS EUROPE
18/November, 19:30 Uhr, Café
  
Ein Gespräch mit Boris Buden, Želimir Žilnik Moderation Boris Buden
 
Was für unsere demokratische Vernunft als gesellschaftlich marginal erscheint und daher besonderer Minderheitenrechte bedarf, wird in Želimir Žilniks Filmen symbolisch zentral. Die Geschichten von Migrant*innen, die er in seinem Film FORTRESS EUROPE (2001) erzählt, offenbaren tiefe strukturelle Widersprüche und Grenzen unserer identitätsbasierten Gemeinschaften und ihrer politischen Institutionen.
 
Im Rahmen des 6. Berliner Herbstsalons LOST – YOU GO SLAVIA