Shermin Langhoff arbeitete zunächst im Verlagswesen und beim Fernsehen. Nach langen Jahren beim Film, in denen sie unter anderem mit Fatih Akin bei Gegen die Wand zusammenarbeitete, war sie von 2004 bis 2008 Kuratorin am Berliner Theater HAU Hebbel am Ufer. Dort gründete sie die »Akademie der Autodidakten«, die vielen Talenten eine künstlerische Plattform bot. 2006 entstand ihre Projektreihe »Beyond Belonging«, in der sie Künstler*innen aus bildender Kunst, Literatur und Film - darunter Nurkan Erpulat, Nevin Aladağ, Hakan Savaş Mican, Ayşe Polat oder Neço Çelik - einlud, neue Geschichten für das Theater zu erzählen.
2008 gründete Langhoff das Ballhaus Naunynstraße im Berliner Stadtteil Kreuzberg und etablierte mit ihrer Arbeit den Begriff des postmigrantischen Theaters, der seitdem zu einer Konstante in den gesellschaftlichen Debatten um das Einwanderungsland Deutschland geworden ist und als Konzept im akademischen Bereich vielfach untersucht wird. Mehrere Ballhaus-Produktionen, insbesondere Verrücktes Blut von Nurkan Erpulat und Jens Hillje, erregten internationales Aufsehen. Erpulats Inszenierung wurde zum Berliner Theatertreffen und zahlreichen internationalen Festivals eingeladen.
Seit der Spielzeit 2013/14 ist Shermin Langhoff Intendantin des Maxim Gorki Theaters Berlin. In den Jahren 2014 und 2016 wählten die deutschsprachigen Kritiker in der Umfrage von »theater heute« das Gorki zum Theater des Jahres (im Jahr 2016 zusammen mit der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz). 2015 gehörte das Maxim Gorki Theater zu den ersten Preisträgern des neuen Theaterpreis des Bundes. Zahlreiche Gorki-Produktionen wurden national und international ausgezeichnet. Auch beim Theatertreffen war das Gorki mehrfach vertreten: 2015 mit dem Stück Common Ground von Yael Ronen und Ensemble sowie 2016 mit einer weiteren Arbeit von Yael Ronen und Ensemble, The Situation.
Unter der Leitung von Shermin Langhoff versteht sich das Maxim Gorki Theater als ein Ort, an dem Konstruktionen von Nation, Identität und Zughörigkeit in Auseinandersetzung mit Geschichte und durch Aufzeigen translokaler Bezüge hinterfragt werden. Zur Eröffnung ihrer Intendanz organisierte Langhoff 2013 erstmals den Berliner Herbstsalon, einen interdisziplinären Ausstellungsparcours, in dem rund 30 Künstler*innen über zwei Wochen das historische Areal rund ums Maxim Gorki Theater durch ihre Arbeiten multiperspektivisch beleuchteten. Zwei Jahre später widmete sich der 2. Berliner Herbstsalon 2015 dem Schwerpunkt Flucht und wie sichtbare und unsichtbare Grenzen die Menschen voneinander trennen: Politische Kunst und Aktivismus fanden hier zu einer besonderen Form der Begegnung. Für den 3. Berliner Herbstsalon 2017 weitete sich die Ausstellung auf die gesamte Stadt aus. Vom Brandenburger Tor, über das Maxim Gorki Theater bis zum geschichtsträchtigen Kronprinzenpalais versammelte die Ausstellung Arbeiten von rund 100 internationalen Künstler*innen. Unter der Überschrift »Desintegriert Euch!« zeigten diese ein vielfältiges Aufbegehren gegen Zuschreibungen, Verallgemeinerungen und Vereinfachungen und luden ein breites Publikum dazu ein, sich mit diesen gesellschaftlichen Themen auseinanderzusetzen. Bei freiem Eintritt kamen allein in die Ausstellungsräume über 20 000 Besucher*innen.
Für ihre Arbeit am Maxim Gorki Theater wurde Shermin Langhoff mehrfach ausgezeichnet. Die Tageszeitung B.Z. verlieh ihr 2015 den B.Z.-Kulturpreis. 2016 erhielt sie den East End-Theaterpreis und im selben Jahr gemeinsam mit Co-Intendant Jens Hillje den renommierten Theaterpreis Berlin der Stiftung Preußische Seehandlung. Das Gorki sei unter ihrer Führung konsequent und radikal zu einer Spielstätte geworden, »die die Vielfalt der Stadtbevölkerung spiegelt, in seinem performativen und diskursiven Programm wie in seinem Ensemble: deutsche Schauspieler aus allen Teilen der Welt, die sich herausspielen aus Schubladen, Zuschreibungen und (Gender-)Eindeutigkeiten.«, heißt es in der Begründung der Jury. »Identität ist für sie keine fixe Kategorie, sondern die Möglichkeit, sich immer wieder neu zu betrachten und zu hinterfragen, im sozialen, künstlerischen und politischen Raum.
Außerdem verlieh die Toepfer Stiftung 2011 Shermin Langhoff den europäischen Kulturpreis Kairos für ihr Engagement als kulturelle Mentorin. Die Helga und Edzard Reuter-Stiftung zeichnete sie für besondere Leistungen auf dem Gebiet der Völkerverständigung und Integration aus. Vom Land Berlin erhielt sie 2012 den Moses-Mendelssohn-Preis. 2014 wurde ihr die Theodor Heuss Medaille verliehen. 2017 erhielt sie von Bundespräsident Joachim Gauck das Bundesverdienstkreuz für ihre Leistungen in der Kultur.
Shermin Langhoff war Gründungsmitglied des bundesweiten Rats für kulturelle Bildung sowie Jurymitglied der Kulturakademie Tarabya in Istanbul, des Kairos-Preises der Toepfer Stiftung in Hamburg und des Bertolt-Brecht-Preises der Stadt Augsburg. Seit 2012 gehört sie dem Kuratorium der Eberhard-Schultz-Stiftung für soziale Menschenrechte an.
© Esra Rotthoff