Pressebrief, 24/Juli 2024

 

Spielzeitstart 27/August +++ September-Premieren im Maxim Gorki Theater: Cem Kayas Deutschstunde POP, PEIN, PARAGRAPHEN, Lola Arias mit LOS DÍAS AFUERA / THE DAYS OUT THERE, Franz Kafkas PROZESS in einer Inszenierung von Oliver Frljić

Liebe Journalist*innen,

mit Christian Weises Inszenierung von Heinrich Manns Roman DER UNTERTAN aus dem Repertoire eröffnet am 27/August die Spielzeit 2024/25 am Maxim Gorki Theater. Wenn auch nicht als direkter Kommentar zu den Wahlen am 1. September in Sachsen und Thüringen gemeint, ist dies dennoch eine sicher nicht unpassende Begleitmusik zum dortigen Wahlkampf.
 
Der 1/September ist auch Antikriegstag. Zu diesem Anlass wird MOTHERS – A SONG FOR WARTIME von Marta Górnicka im Gorki zu sehen sein. In dem Chorstück singen und sprechen Frauen aus Belarus, Polen und der Ukraine gegen den Krieg und gegen das Vergessen an. Noch bis zum 11/Juli sind sie übrigens auf dem Festival d'Avignon im Ehrenhof des ehemaligen Papstpalastes zu sehen. 
 
Der Eröffnungsmonat der Saison umfasst gleich drei Premieren, die sich allesamt mit Recht und Gesetz beschäftigen, damit, wie Menschen davon mal befreit und mal unterjocht werden.
 
So feiert am 6/September im Gorki Cem Kayas Deutschstunde POP, PEIN, PARAGRAPHEN Premiere. Für seinen Dokumentarfilm Aşk, Mark ve Ölüm – Liebe, D-Mark und Tod, der nicht nur die Musikkultur türkischer Immigrant*innen in Deutschland ans Licht beförderte, erhielt er in diesem Jahr den Grimme-Preis. Pop, Pein, Paragraphen ist ein Rück- und Ausblick auf die bundesdeutsche Deportationsgesellschaft. Am 30. August 1983 sprang der 23-jährige Cemal Kemal Altun aus dem sechsten Stock des Oberverwaltungsgerichts Berlin. Er sollte an die türkische Militärdiktatur ausgeliefert werden. Von  diesem Zeitpunkt an bis 2007 sollen sich in Deutschland 149 Menschen aus Angst vor einer Auslieferung in ihr Heimatland das Leben genommen haben.
 
Die Autorin, Musikerin, Schauspielerin und Regisseurin Lola Arias erhält in diesem Oktober den mit etwa 220.000 Euro dotierten Internationalen Ibsen-Preis. Am 14/September präsentiert das Gorki ihr neuestes Stück LOS DÍAS AFUERA / THE DAYS OUT THERE erstmals in Berlin. Die Gorki-Koproduktion ist ebenfalls aktuell auf dem Theaterfestival in Avignon zu sehen. Die fünf Protagonistinnen des Stücks saßen alle in Gefängnissen in Argentinien ein. Jetzt sind sie draußen und erzählen ihre Geschichten. Armut, erfahrene Gewalt, Geschlechterfragen – es gibt viele Mittel, Menschen ihre Rechte zu nehmen. Und es gibt Unrechtsgeschichten in Rechtsstaaten. 

Die dritte Premiere der kommenden Saison folgt am 21/September, dem Tag vor der Landtagswahl in Brandenburg. Mit PROZESS bringt Oliver Frljić seine Sicht auf Franz Kafkas Romanfragmente auf die Bühne. Frljićs Bearbeitung von Kafkas EIN BERICHT FÜR EINE AKADEMIE spielt seit Februar 2019 vor stets ausverkauftem Haus. Seine nächste Kafka-Adaption kann daher mit Spannung erwartet werden. Der erste Satz im Roman sagt: »Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hatte, wurde er eines Morgens verhaftet.« Es gibt Gesetze, es gibt auch Organe des Rechtsstaates in Kafkas Albtraum. Aber zur Klärung der Lage von Josef K. tragen sie nicht bei. 
 
Schmerzhafte Fragen rund um Recht und Gesetz behandelt auch Daniel Arkadij Gerzenberg – 1991 geborener Lyriker, Liedpianist, Librettist – mit der Premiere von WIEDERGUTMACHUNGSJUDE in der Reihe FЯEMDE POESIE? am 27/September im Studio Я. Mit ALLES WIRD SCHÖN SEIN. von Hakan Savaş Mican wird das Studio Я bereits am 27/August mit viel Musik und Optimismus wieder bespielt. 
 
Wir freuen uns auf ein Wiedersehen ab dem 27/August und laden Sie herzlich ein, gemeinsam mit uns die neue Saison zu eröffnen! 
 
Im Folgenden finden Sie eine Vorschau der Highlights im August und September, sowie einen Ausblick auf die Premieren der ersten Spielzeithälfte. Nähere Informationen folgen nach der Spielzeitpause.
 
Wir wünschen einen schönen Sommer!
 
 
Beste Grüße aus dem Gorki
 
Elisa Thorwarth (Referentin Kommunikation und Presse)
Alexander Ostojski (Referent Kommunikation und Presse)
Nino Medas (Pressesprecher und Leitung Kommunikation)
 
Presse 
Maxim Gorki Theater Berlin
Am Festungsgraben 2
10117 Berlin
Tel. 030 - 20221 355 / 392
presse@gorki.de
www.gorki.de  
 
 
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Highlights im September:
 
Eröffnungspremiere
POP, PEIN, PARAGRAPHEN
EINE DEUTSCHSTUNDE VON CEM KAYA FEAT. EKIM ACUN ALIAS ŞOKOPOP
06/September 19:30, Bühne 
 
Konzept, Video, Text & Bühne Cem Kaya
 
Künstlerische Mitarbeit Ekim Zafer Acun (ŞOKOPOP) Dramaturgie Clara Probst Archivrecherche Dalia Castel
 
Mit Cem Kaya & Ekim Zafer Acun (ŞOKOPOP)
 
1983 stürzte sich der 23-jährige Cemal Kemal Altun aus dem 6. Stock des Oberverwaltungsgerichts Berlin. Das deutsche Innenministerium hatte, trotz der in der Türkei herrschenden Militärdiktatur, gegen seinen bereits positiv entschiedenen Asylbescheid geklagt. Filmemacher Cem Kaya, bekannt für seine vielfach ausgezeichneten Dokumentationen wie Aşk, Mark ve Ölüm (Liebe, D-Mark und Tod), setzt sich in seiner Video-Lecture-Performance ausgehend von Cemal Kemal Altun mit Deutschland und dessen traditionsreicher Kollaboration mit Unrechtsstaaten auseinander. Kaya kompiliert und komponiert unterschiedlichstes Archivmaterial mit privaten Zeitdokumenten. Er erzählt performativ, schonungslos und mit bissigem Humor nicht nur die Rechtsgeschichte Deutschlands neu. 
 
Gefördert aus Mitteln des Landes Berlin, Hauptstadtkulturfonds.

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Berlin-Premiere
LOS DÍAS AFUERA / THE DAYS OUT THERE
14/September 19:30, Bühne 
 
Text, Konzept & Regie Lola Arias

Bühne Mariana Tirantte Musik Ulises Conti & Inés Copertino Video Martin Borini Dramaturgie Bibiana Mendes Livemusik Inés Copertino Kostüme Andy Piffer Licht David Seldes Choreografie Andrea Servera Künstlerische Mitarbeit Alan Pauls
 
Mit Yoseli Marlene Arias, Paulita Veronica Asturayme, Carla Romina Canteros, Estefania Del Lujan Hardcastle, Noelia Luciana Perez & Igancio Amador Rodriguez
 
Los días afuera / The Days Out There ist Musical
, Variété, Dokumentation und Theater. Eine Gruppe von cis und trans Frauen, die in verschiedenen argentinischen Gefängnissen inhaftiert waren, spielen Szenen ihrer vergangenen Jahre. Das reale Leben der Protagonist*innen wird zur Fiktion, in der sich ihre Biografien ab dem Zeitpunkt ihrer Entlassung miteinander verweben: Nacho wird Taxifahrer, Paula beginnt in einer illegalen Textilwerkstatt zu arbeiten, Noelia wird wieder zur Sexarbeiterin und setzt sich für die Rechte von trans Frauen ein. Theater, Tanz und Gesang werden zu Instrumenten, die ihnen helfen, sich eine Zukunft anzueignen. Die aber – so ist das eben mit der Zukunft – bleibt ungewiss. Lola Arias, die Trägerin des renommierten Internationalen Ibsen-Preises 2024, bewegt sich in Los días afuera / The Days Out There zwischen Voguing und Cumbia-Melodien – eine Ode an die Freiheit. 
 
Produktion: Lola Arias Company / Beteiligte Produzentin: Gema Films / Koproduziert vom Maxim Gorki Theater Berlin mit Unterstützung von Fonds TransFabrik – des deutsch-französischen Fonds für darstellende Künste. 
 
Weitere Vorstellungen:
15/September 19:30, Bühne 
 
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Premiere
PROZESS
21/September 19:30, Bühne 
 
Ein Projekt von Oliver Frljić Nach Franz Kafka 
 
Bühne Igor Pauška Choreografie Evelin Facchini Dramaturgie Endre Malcolm Holéczy & Johannes Kirsten Kostüme Jelena Miletić & Janja Valjarević Lichtdesign Connor Dreibelbis 
 
Mit Marc Benner, Yanina Cerón, Lea Draeger, Edgar Eckert, Christiane Paul & Çiğdem Teke
 
Am Morgen seines 30. Geburtstags wird Josef K. von Beamten eines ihm unbekannten Gerichts für verhaftet erklärt. Ohne zu wissen, was er getan haben soll, sieht er sich einer undurchschaubaren und unheimlichen Bürokratie gegenüber. Nach dem großen Erfolg von Ein Bericht für eine Akademie – das seit Februar 2019 aus dem Gorki-Repertoire nicht wegzudenken ist – adaptiert Oliver Frljić erneut einen Kafka-Text für die Bühne. Vor dem Gesetz waren niemals alle Menschen gleich. Aber sind wir heute nicht dabei, mit der Illusion, es gebe diese Gleichheit, auch die Hoffnung aufzugeben, sie einmal herstellen zu können? Zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes kommt das Kafka-Jahr wie gerufen.
 
Weitere Vorstellung:
25/September 19:30, Bühne
 
 
Im Rahmen von Prozess: 
 
DIE K-FRAGE — 1.TEIL
22/September 17:00, Studio Я
 
DIE K-FRAGE — 2.TEIL
22/September 20:00, Studio Я
  
Anlässlich der Premiere von Oliver Frljićs Kafka-Adaption Prozess am 21/September lädt das Gorki verschiedene Expert*innen zur Auseinandersetzung mit der K-Frage ein. Wofür steht die Figur Josef K.? Wer oder was könnte »K.« in unserer Gegenwart sein?


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Uraufführung
WIEDERGUTMACHUNGSJUDE
FЯEMDE POESIE? #3 
27/September 20:30, Studio Я
 
Von und mit Daniel Arkadij Gerzenberg 
 
Szenische Einrichtung Dor Aloni 
 
Dramaturgie Simon Meienreis
 
Der Lyriker Daniel Arkadij Gerzenberg schrieb Wiedergutmachungsjude und sein Buch beginnt mit den Versen: »ich wurde / sexuell missbraucht / sehe mich / zum ersten mal als / missbrauchten mann / ich werde die / wunden meiner seele / untersuchen und / buch führen für die / die nicht verstehen«. Zu dieser Selbstbetrachtung vor einem Spiegel lädt er uns ein. Er erzählt von sich, von uns und womöglich von dem, wovon wir – auch uns selbst gegenüber – schweigen. Daniel Arkadij Gerzenberg richtet zusammen mit Regisseur Dor Aloni seinen Text für die Bühne ein. Die Intimität der Lyrik, die innere Stimme, wird übertragen in die Körperlichkeit einer Performance. Aus dem Buch wird Theater. 
 
Die Reihe FЯEMDE POESIE? wird gefördert vom Hauptstadtkulturfonds. 
 
Weitere Vorstellung:
29/September 20:30, Studio Я