In Gedenken an ihre Arbeit für eine freie Gesellschaft und um ihr Vermächtnis weiter zu tragen, sind hier die Antifaschist*innen und Opfer faschistischer Gewalt mit ihren Geschichten versammelt, die im Stück SCHWARZER BLOCK erwähnt werden. Kein Vergeben, Kein Vergessen!
Amadeu Antonio: war Vertragsarbeiter in der DDR und arbeitete in einem Schlacht- und Verarbeitungskombinat. Er lebte in Eberswalde in Brandenburg. Dort wurde er 1990 von Neonazis aus rassistischen Motiven ins Koma geprügelt. Er erlag wenige Tage später seinen Verletzungen. Antonio war eines der ersten bekannten Todesopfer rechtsextremer Gewalt nach dem Mauerfall. Die Täter wurden wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge, statt wegen Mordes, zu maximal vier Jahren Haft verurteilt. Dieses Urteil wurde von Antirassist*innen und Antifaschist*innen vielfach als unzureichend kritisiert.
Ramazan Avcı: wurde 1985 von rechten Skinheads in Hamburg ermordet. Der 26-Jährige wurde gemeinsam mit seinem Bruder und einem Freund von einer Gruppe Neonazis vor einem Lokal angegriffen. Während seine zwei Begleiter fliehen konnten, verletzten die Angreifer Avcı so schwer, dass er an den Verletzungen starb.
Mahmud Azhar: war wissenschaftlicher Mitarbeiter für Biochemie an der Freien Universität Berlin. 1990 wurde der 40-Jährige auf dem Universitätsgelände von einer Person rassistisch beleidigt und mit einem Feuerlöscher niedergeschlagen. Zwei Monate später starb er an den Folgen des Angriffs.
Olga Benario-Prestes: 1908 in München geboren, war Kommunistin und Jüdin. Im Alter von 20 Jahren befreite sie ihren Lebensgefährten Otto Braun aus dem Kriminalgericht in Moabit. Nach ihrer militärischen Ausbildung in Moskau wurde sie im Auftrag der Komintern nach Brasilien geschickt, wo sie Leibwächterin des kommunistischen Aufständigen Luiz Carlos Prestes wurde. 1936 wurde sie festgenommen und an die Nationalsozialisten ausgeliefert. Nach Jahren im KZ Lichtenburg und KZ Ravensbrück wurde sie 1942 in der Tötungsanstalt Bernburg vergast.
Jorge Gomondai: 1969 geboren, arbeitete in einem Schlachthof in Dresden. Er wurde 1991 in einer Straßenbahn in der Dresdner Neustadt von einer Gruppe jugendlicher Nazis rassistisch beleidigt, angegriffen und mutmaßlich aus der fahrenden Straßenbahn geworfen. Ein Taxifahrer und dessen Fahrgäste leisteten erste Hilfe. Gomondai starb fast eine Woche später an seinen Verletzungen. Er war das erste Opfer eines rassistischen Mordes nach der Wende.
Delfin Guerra und Raúl Garcia Paret: waren zwei kubanische Vertragsarbeiter, die 1979 in Merseburg in der Saale ertranken. Sie waren in eine Schlägerei zwischen DDR-Bürger*innen und Vertragsarbeiter*innen verwickelt. Auf der Flucht sprangen sie in die Saale, wurden vom Ufer jedoch weiterhin mit Flaschen und Steinen beworfen. Die »Initiative 12. August« organisiert jährlich eine Gedenkdemonstration. Die Tat ist bis heute nicht aufgeklärt.
Gökhan Gültekin: war eines der Opfer des rassistischen Terroranschlags am 19. Februar 2020 in Hanau. Der 37-Jährige wurde in Hanau geboren und arbeitete als Fliesenleger und nebenberuflich in einem Kiosk.
Sedat Gürbüz: war eines der Opfer des rassistischen Terroranschlags am 19. Februar 2020 in Hanau. Der 30-Jährige war Inhaber der Shisha Bar Midnight, in der er auch am Abend des Anschlags arbeitete.
Said Nesar Hashemi: war eines der Opfer des rassistischen Terroranschlags am 19. Februar 2020 in Hanau. Er wurde in Hanau geboren und hat dort eine Ausbildung zum Maschinen- und Anlagenführer gemacht. Zum Zeitpunkt des Anschlags war er 21 Jahre alt. Sein Bruder überlebte schwer verletzt.
Mercedes Kierpacz: war eines der Opfer des rassistischen Terroranschlags am 19. Februar 2020 in Hanau. Sie wurde in Offenbach geboren und lebte in Hanau, wo sie in dem Kiosk arbeitete. Am Abend des Anschlags hatte sie eigentlich frei und wollte nur etwas im Kiosk einkaufen, in dem sie erschossen wurde. Sie wurde 35 Jahre alt und hatte zwei Kinder.
Kamal Kilade: wurde 2010 von zwei Neonazis in Leipzig ermordet. Er war zu diesem Zeitpunkt 19 Jahre alt. Seither erinnert eine jährliche Gedenkdemonstration sowie eine Gedenktafel an die rassistische Tat.
Hamza Kenan Kurtović: war eines der Opfer des rassistischen Terroranschlags am 19. Februar 2020 in Hanau. Er wurde in Hanau geboren, wo er seine Ausbildung zum Fachlageristen 2019 abschloss. Der Täter erschoss ihn, als er gerade vor der Arena-Bar auf einen Freund wartete.
Jana L.: wurde beim antisemitischen und rassistischen Anschlag in Halle am 9. Oktober 2019 erschossen als sie den Täter, der gerade versuchte in die Synagoge einzudringen, ansprach. Sie war zum Zeitpunkt ihres Todes 40 Jahre alt und wohnte nahe der Synagoge in Halle.
Gustav Landauer: geboren 1870, war Schriftsteller, Kommunist, und Anarchopazifist. Während der Novemberrevolution ging er nach München, um dort an der Revolution teilzunehmen. In der am 7. April 1919 ausgerufenen sozialistischen Münchner Räterepublik wurde er Beauftragter für Volksaufklärung, erklärte aber enttäuscht nach wenigen Tagen seinen Rücktritt. Nach der gewaltsamen Niederschlagung der Räterepublik Anfang Mai ermordeten ihn Freikorps-Soldaten.
Rosa Luxemburg: geboren 1871, war Kommunistin, Antimilitaristin, Feministin und wichtige Vertreterin der Arbeiter*innenbewegung. Zunächst war sie Mitglied in der SPD, brach dann jedoch mit dieser aus Protest gegen deren Zustimmung zum Ersten Weltkrieg. Nach der Novemberrevolution 1918 kämpfte sie für eine soziale Revolution und die Errichtung einer Räterepublik. 1919 war sie Mitgründerin der KPD und organisierte den Spartakusaufstand mit. Nach dessen Niederschlagung wurden sie und Karl Liebknecht auf Befehl der SPD von Freikorps ermordet.
Silvio Meier: war antifaschistischer Aktivist in der »Kirche von Unten« und engagiert in der Friedensbewegung der DDR. Er wohnte in einem besetzten Haus in der Schreinerstraße in Berlin-Friedrichshain und arbeitete in einer benachbarten Druckerei. Auf dem Weg zur Disco trafen Silvio Meier und drei Freund*innen in der Nacht zum 21. November 1992 im U-Bahnhof Samariterstraße auf eine Gruppe junger Neonazis, mit denen es zu einer Auseinandersetzung kommt. Als die Gruppe um Silvio Meier später den U-Bahnhof-Samariterstraße verlassen wollte, trafen sie erneut auf die rechten Jugendlichen. Diese ziehen unvermittelt Messer und stechen auf Silvio Meier und seine Begleiter ein. Silvio Meier starb kurz darauf an seinen schweren Verletzungen. Bis zum Jahr 2018 fand eine jährliche antifaschistische Gedenkdemonstration mit mehreren tausend Teilnehmer*innen statt.
Helene Overlach: geboren 1894 in Greiz, arbeitete als Stenotypistin unter anderem für die KPD. Daneben war sie Kontoristin, Hilfsschwester und Handelslehrerin. Seit dem Jahr 1925 fungierte sie neben Clara Zetkin als Zweite Vorsitzende und de facto Leiterin des Roten Frauen- und Mädchenbundes, dem bewaffneten Kampfverband für Frauen der KPD. 1927 wurde sie ins Zentralkomitee der KPD berufen und leitete Frauenabteilung. Als eine von wenigen Frauen saß sie im Reichstag und wurde dort vor allem durch ihr konsequentes Vorgehen gegen die NSDAP bekannt.
Vili-Viorel Păun: war eines der Opfer des rassistischen Terroranschlags am 19. Februar 2020 in Hanau. Er wuchs in Rumänien auf und lebte seit mehreren Jahren in Hanau, wo er als Paketzusteller arbeitete. Er war gerade in einem Kiosk einkaufen, als er im Alter von 22 Jahren ermordet wurde.
Rudolf Rocker: geboren 1873 in Mainz, war Anarchist, Syndikalist und Autor. Er gründete die »Internationale Arbeiter-Assoziation«. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten floh er in die USA ins Exil, wo er 1958 starb.
Fatih Saraçoğlu: war eines der Opfer des rassistischen Terroranschlags am 19. Februar 2020 in Hanau. Zu diesem Zeitpunkt war er 34 Jahre alt. Drei Jahre zuvor war er von Regensburg nach Hanau gezogen. Am Abend der Tat setzte er einen Freund am Heumarkt ab und wurde in der Shishabar Midnight ermordet.
Günter Sare: wurde 1985 bei einer antifaschistischen Demonstration, deren Anlass eine Versammlung der NPD im Gallus-Haus in Frankfurt am Main war, von einem Wasserwerfer überrollt und starb. Anschließend kam es zu bundesweiten Protesten, die vor allem in Frankfurt massiven Auseinandersetzungen mit der Polizei und größeren Sachschäden verbunden waren. Die Polizist*innen, die den Wasserwerfer fuhren, wurden freigesprochen.
Kevin Sch.: wurde beim antisemitischen und rassistischen Anschlag in Halle am 9. Oktober 2019 ermordet, als er in einem Imbiss Mittagspause machte. Er hatte kurz zuvor eine Ausbildung bei einer Malerfirma begonnen. Zum Zeitpunkt des Anschlags war er 20 Jahre alt.
Ufuk Şahin: wurde 1989 von einem Nazi vor seiner Haustür im Märkischen Viertel erstochen. Die Tat löste eine Debatte über rassistische Gewalt aus. In den darauffolgenden Wochen riefen antifaschistische, türkische, kurdische und autonome Gruppen zu Demonstrationen auf, an denen in Berlin bis zu 8.000 Personen teilnahmen.
Enver Şimşek: geboren am 14. Dezember 1961, war Inhaber eines Blumenhandels in Schlüchtern in Hessen. Am 9. September 2000 wurde er an seinem mobilen Blumenstand in Nürnberg niedergeschossen. Zwei Tage später starb er infolge seiner schweren Verletzungen in einem Krankenhaus. Er war das erste Opfer der Terrororganisation, Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). Şimşeks Angehörige wurden im NSU-Prozess durch die Anwältin Seda Başay-Yıldız vertreten, die seit 2018 Morddrohungen erhält, die mit dem Kürzel NSU 2.0 unterzeichnet sind.
Hermann Schnallnaß und Fritz Glatt: Am 13. März 1920 kommt es zum Kapp-Lüttwitz-Putsch gegen die Weimarer Republik. Doch die Mehrheit der Bevölkerung kämpft für deren Fortbestand. Es kommt zum größten Generalstreik in der deutschen Geschichte. Dem politischen Willen von zwölf Millionen Streikenden haben die Putschisten nichts entgegen zu setzen, der Staatsstreich bricht zusammen. Vielerorts finden auch bewaffnete Auseinandersetzungen statt. Allerdings bleibt die Lage in den ersten Tagen unübersichtlich. In diesem Zusammenhang kommt es am 17. März 1920 zu einer bewaffneten Konfrontation an einer Barrikade am Kottbusser Tor.
Zwei von den dort gegen die rechten Putschisten Kämpfenden sind Hermann Schnallnaß und Fritz Glatt. Hermann Schnallnaß, ein Schlosser aus Neukölln, starb mit 63 Jahren in Kreuzberg auf Barrikaden. Fritz Glatt war 17 Jahre alt als er starb. Er wohnte in der Skalitzer Straße und war Schlosserlehrling.
Ernst Thälmann: war Kutscher, Hafenarbeiter, Partei- und Gewerkschaftsfunktionär in Hamburg. Unter anderem leitete er den Rotfrontkämpferbund, den bewaffneten Kampfverband der Kommunistischen Partei. Von 1925 bis 1933 war er Vorsitzender der KPD. Er wurde 1933 verhaftet und anschließend 1944 im Konzentrationslager Buchenwald ermordet.
Ferhat Unvar: war eines der Opfer des rassistischen Terroranschlags am 19. Februar 2020 in Hanau. Zu dem Zeitpunkt war er 23 Jahre alt und hatte gerade eine Ausbildung zum Gas- und Wasserinstallateur abgeschlossen. Er wurde ermordet, als er mit Freund*innen in der Arena-Bar den Abend verbrachte.
Kaloyan Velkov: war eines der Opfer des rassistischen Terroranschlags am 19. Februar 2020 in Hanau. Aufgewachsen in der bulgarischen Stadt Mezdra, zog er vor einigen Jahren nach Hanau. Er arbeitete unter anderem in der Bar »La Votre» am Heumarkt.
Conny Wessmann: ist 1989 in Göttingen bei einem Autounfall gestorben, der aus einem Polizeieinsatz resultierte. An diesem Abend war sie mit weiteren Antifaschist*innen in der Göttinger Innenstadt, um gegen randalierende rechte Skins zu demonstrieren. Ihre Gruppe wurde von Zivilpolizist*innen auf dem Heimweg erwartet. Sie flüchtete und wurde auf der Landstraße von einem Auto überfahren. Sowohl Polizist als auch Autofahrer wurden freigesprochen. In den folgenden Gedenkdemonstrationen kam es zu Protesten und Ausschreitungen in der Göttinger Innenstadt.
Halit Yozgat: war das neunte und mutmaßlich letzte Opfer vor der Selbstenttarnung des NSU. Kurz vor seiner Ermordung hatte er in Kassel ein Internetcafé in der Holländischen Straße eröffnet. Dort wurde er am 6. April 2006 vom NSU erschossen, während der Verfassungsschützer Andreas Temme anwesend war. Der Tathergang und Temmes Involvierung sind bis heute nicht aufgeklärt. Nach dem Mord an Halit Yozgat organisierten seine Angehörigen und Freund*innen einen Schweigemarsch mit dem Titel »Kein 10. Opfer», an dem 4000 Personen teilnahmen. Seine Familie und Aktivist*innen kämpfen seit Jahren dafür, die Holländische Straße in Halitstraße umzubenennen.
Clara Josephine Zetkin: wurde am am 5. Juli 1857 in Wiederau geboren. Sie war sozialistisch-kommunistische Politikerin, Friedensaktivistin und Frauenrechtlerin. In der SPD gehörte sie dem Flügel der revolutionär-marxistischen Fraktion an und kritisierte die kriegsbilligende Politik der Sozialdemokrat*innen. Während der Novemberrevolution im Jahr 1918 war sie im Spartakusbund aktiv, der zum Jahreswechsel 1918/19 mit anderen linksrevolutionären Gruppierungen in die neu gegründeten KPD aufging. Für diese saß sie bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten im Reichstag. Anfang 1933 ging sie ins Exil in die Sowjetunion, wo sie am 20. Juni 1933 im Alter von fast 76 Jahren verstarb.
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