Hengameh Yaghoobifarah

AUF EINE TÜTE
Porträt Hengameh Yaghoobifarah
Foto: Esra Rotthoff

Fragen über Fragen von Hengameh Yaghoobifarah.

Wie soll ich Sie ansprechen?
Mit meinem Namen. Wenn Sie über mich sprechen, sagen Sie nicht sie oder er, sondern sagen Sie: Hengameh schreibt an ihrem*seinem ersten Roman.
 
Das tut Hengameh wirklich?
Ich bin gerade fertig geworden damit. Er heißt Ministerium der Träume und wird im Februar im Verlag Blumenbar erscheinen. Schauen Sie, das hier ist das Leseexemplar.
 
Ein dickes Buch.
Angepeilt waren 220, 250 Seiten. Dann bin ich auf der Tastatur ausgerutscht und so wurden es 384 Seiten. Eine Mischung aus Krimi, Familiendrama und Roadtrip mit jeder Menge Verwicklungen.
 
Was machen Sie fürs Gorki?
Im Juni wird es die Queer Week geben. Ich begleite das Festival mit einem Podcast. Auf dem Festival wird es eine Live-Episode geben. Der Podcast heißt Auf eine Tüte. Ich treffe in jeder Folge eine Person des öffentlichen Lebens. Die Person wählt den Inhalt der Tüte aus. Zwischen Joint und Lakritz ist alles möglich. Es sind immer dieselben sechs Fragen: »Was hast du in deiner Tasche?«, dann das ›emotional baggage‹, also: »Was schleppst du mit dir herum?«, die dritte Frage ist: »Was feierst du gerade?«, Nummer vier »Sag mir etwas, wofür du dich früher geschämt hast, dich heute aber nicht mehr schämst«. Frage fünf: »Auf welche deiner Errungenschaften, die nicht auf den Lebenslauf passen, bist du stolz?« Und sechs: »Was möchtest du anderen mit auf den Weg geben?«
 
Vielen Dank! Die Frage vier klaue ich und stelle sie jetzt Ihnen.
Wenn man sich mit linken, mit feministischen, mit Queer-Theorien auseinandersetzt, lernt man: Die Wurzeln der Scham liegen in der Gesellschaft. Sie normiert die Menschen. Ich schäme mich nicht mehr für meinen Oberlippenbart, auch nicht mehr dafür, dass die Leute mehrere Anläufe brauchen, um meinen Namen richtig auszusprechen. Meine Schamgefühle waren eine Reaktion auf den Sexismus und den Rassismus der anderen. Sie wollten, dass ich mich schämte. Das tue ich jetzt nicht mehr. Jetzt nehme ich manchmal Mascara, um meinen Oberlippenbart noch etwas dunkler zu machen. Geschlechtermäßig passt mir das gut in den Kram. Schließlich bin ich nicht-binär.

Interview: Arno Widmann

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