Die Schriftstellerin Deniz Ohde ist gespannt auf die Adaption ihres vielfach ausgezeichneten Roman-Debüts.
Das Maxim Gorki Theater macht aus Ihrem Roman Streulicht ein Theaterstück. Sind Sie involviert?
Nein. Ich bin ja keine Dramatikerin. Das überlasse ich gerne den Profis. Nurkan Erpulat arbeitet daran. Mit dem Theaterstück habe ich überhaupt nichts zu tun. Streulicht lebt in meinen Augen von den Beschreibungen. Wie wird die Atmosphäre, das eigentliche Thema des Buchs, auf der Bühne herüberkommen? Ich bin sehr gespannt.
Die Vermittlung der sinnlichen Eindrücke, zum Beispiel der Geruch der beschriebenen Industrielandschaft, ist eine der Stärken des Buches.
Ich hoffe, dass man die Zuschauer*innen nicht mit dem Gestank einer Kläranlage attackiert. Aber mich interessiert auch, wie die Beziehung zwischen Tochter und Vater dargestellt werden wird. Es geht ja darum: Die beiden reden nicht miteinander. Das führt auch zu den Schwierigkeiten der Erzählerin, die unfähig ist, mit anderen über ihre Schwierigkeiten zu sprechen. Sie berichtet ja nicht von den Konflikten. Deren Vermittlung findet statt in einem Zwischenraum zwischen der Erzählerin und der Welt. Ich frage mich: Wie kommt das Schweigen auf die Bühne?
Die Erzählerin kehrt zurück an den Ort ihrer Herkunft. In dieser Industrielandschaft hat ihr Vater gearbeitet. Sie floh ins Studium. Jetzt ist sie wieder dort.
Sie ist eine unglückliche Frau. Sie gehört heute nicht in ihr neues Milieu. Sie hatte aber auch damals schon nicht hineingepasst in die Welt ihrer Jugend. Aus dem Karnevalsverein zum Beispiel wurde sie hinausgeekelt. Dabei empfand sie es als besonders demütigend, dass sie selbst von den Aktivitäten ausgeschlossen wurde, die sie verachtete.
Gehören solche Erfahrungen dazu, wenn man schreiben möchte?
Keine Ahnung. Meine Erzählerin ist so angelegt. Wehmut gehört dazu und Nostalgie. Es gibt den Wunsch, das Schöne im Hässlichen zu sehen. Niemand steht vor diesem Industriegebiet und sagt: wunderbar. Aber sie mag es. Sie versucht, das sichtbar zu machen. Also stattet sie ihre Beschreibung mit fast kitschigen Symbolen aus. Zum Beispiel mit einem Vollmond hinter den Schloten.
Interview: Arno Widmann
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