»Durch die Straßen Tschewengurs gingen Menschen. Einige von ihnen hatten tagsüber Häuser verrückt, andere auf ihren Händen Gärten fortgeschleppt. Und nun gingen sie ausruhen, plaudern und im Kreise der Kameraden den verbleibenden Tag verbringen. Morgen würden sie keine Arbeit und keine Beschäftigung haben, denn in Tschewengur arbeitete statt aller und für jeden die einzigartige Sonne, die in Tschewengur zum Weltproletarier erklärt worden war.
Die Menschen waren nicht zur Beschäftigung verpflichtet, auf Tschepurnys Betreiben hatte Prokofi der Arbeit eine spezielle Auslegung gegeben, wonach die Arbeit ein für alle Mal zum Überbleibsel der Habgier und zur ausbeuterisch-tierischen Wollust erklärt wurde, weil die Arbeit das Entstehen von Besitz begünstigt und der Besitz die Unterdrückung; die Sonne aber gewährt den Menschen zu Leben völlig ausreichende normale Rationen, deren Erhöhung – durch absichtsvolle menschliche Arbeit – Öl ins Feuer des Klassenkrieges gießt, weil überflüssige schädliche Gegenstände entstehen. Jeden Sonnabend jedoch arbeiteten die Menschen in Tschewengur, worüber sich Kopjonkin, der das Sonnensystem des Lebens in Tschewengur ein wenig enträtselt hatte, denn auch wunderte.
»Das ist doch keine Arbeit – das sind Subbotniks!«, erklärte Tschepurny. […] Und an den Subbotniks wird keinerlei Besitz produziert – würde ich den sowas zulassen? – es ist einfach die freiwiillige Beschädigung des kleinbürgerlichen Erbes. Ist das etwas Unterdrückung, sag mal!«
Andrej Platonow: Tschewengur. Suhrkamp Verlag, 2018.