Sie sind aus den öffentlichen Räumen deutscher Städte nicht mehr wegzudenken: Die Stolpersteine, die der Opfer des Dritten Reiches gedenken. Sie erinnern vor unseren Häusern, Schulen und Fabriken an Mitmenschen und Mitarbeiter*innen, die verschleppt und ermordet wurden. Gerade in Theatern, Orte der Freiheit und der Kunst, funktionierte Gleichschaltung und Ausgrenzung besonders schnell. Hans-Werner Kroesinger und Regine Dura haben aus Personalakten des Staatstheaters Karlsruhe rekonstruiert, wie antisemitische Diskriminierung und die Entlassung linker und liberaler Theaterkünstler*innen nach 1933 im Detail funktioniert hat. Und wie wenig Aufarbeitung davon nach 1945 stattfand: Die Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig vor dem Staatstheater Karlsruhe wurden erst 2013 installiert. In Stolpersteine Staatstheater sitzen Schauspieler*innen an einem großen Arbeitstisch zusammen mit den Zuschauer*innen und lesen Akten, Zeitungsberichte, Memoiren, Zeitzeug*innen-Interviews. Das bürokratische Prozedere, das den sozialen Ausschluss und die Vorbereitung des Völkermordes juristisch im Detail regelt, wird siebzig Jahre später in Form eines Dialogs mit den historischen Dokumenten aufgearbeitet und verweist immer wieder auf unsere Gegenwart, in der diskriminierende Ausgrenzung, präfaschistoide Gedanken und Renationalisierung der Kultur wieder salonfähig und wählbar erscheinen.
Nach einer Einladung zum Berliner Theatertreffen und den Erfolgen bei internationalen Auftritten ist das Dokumentartheater Stolpersteine Staatstheater des Staatstheaters Karlsruhe nun als Gastspiel im Rahmen des 3. Berliner Herbstsalons erneut in Berlin zu sehen.