Pressebrief, 14/November 2023

 

Maxim Gorki Theater im Dezember: +++ Festivalabschluss 6. Berliner Herbstsalon LOST – YOU GO SLAVIA mit Premiere von Sasha Marianna Salzmanns MUTTERSPRACHE MAMELOSCHN in der Regie von Hakan Savaş Mican am 7/Dezember +++ Premiere von DER UNTERTAN in der Regie von Christian Weise am 15/Dezember +++


Liebe Journalist*innen,

mit zwei Dezember-Premieren beschließen wir am Gorki das Jahr 2023. Zum Abschluss des 6. Berliner Herbstsalons LOST – YOU GO SLAVIA (28/September–10/Dezember) zeigen wir am 7/Dezember die Premiere von MUTTERSPRACHE MAMELOSCHN von Sasha Marianna Salzmann. Eine Familiengeschichte zwischen Schmerz und Glück im heutigen Berlin: Großmutter, Mutter, Enkeltochter leben hier, miteinander, ohneeinander, gegeneinander. Sie erzählen und erinnern sich, suchen und verfehlen sich, finden und verletzen sich. Drei Generationen, drei Jüdinnen in Deutschland durchwühlen Berge von Geschichten und Geschichte auf der Suche nach den Leerstellen in ihren Leben. Die Inszenierung wird von unserem Hausregisseur Hakan Savaş Mican auf die Bühne des Studio Я gebracht. Neben unserem neuen Ensemblemitglied Alexandra Sinelnikova sowie Anastasia Gubareva und Musiker Daniel Kahn wird auch Ursula Werner mitspielen, die erst kürzlich 80 Jahre alt geworden ist und davon 35 Jahre, von 1974 bis 2009, als festes Ensemblemitglied am Maxim Gorki Theater engagiert war. Wir freuen uns sehr über diese besondere Rückkehr! 
 
Das Festivalmagazin zu Lost – You Go Slavia ist weiterhin digital verfügbar.
 
Regisseur Christian Weise hat sich für die zweite Premiere des Monats (15/Dezember) Heinrich Manns 1918 veröffentlichten Roman Der Untertan vorgenommen. Bestens vertraut mit dem »Schwindel« des Theaters und dessen Humor inszeniert Weise DER UNTERTAN als Moritat, als Erzähllied eines Bänkelsängers und seiner Truppe, die früher oft auf Straßen, Plätzen oder Jahrmärkten aufgetreten sind. Wir sollen uns darin wiedererkennen und die Gefahr sehen, zu Hurrapatriot*innen zu regredieren, exakt zu dem Zeitpunkt, zu dem wir genau das gerade nicht tun sollten. Und trotzdem lachen. Es spielen: Tim Freudensprung, Marta Kizyma, Catherine Stoyan, Till Wonka und das neueste Mitglied des Gorki-Ensembles, Via Jikeli
 
Bereits am 3/Dezember freuen wir uns auf die 10-jährige Jubiläumsausgabe der Reihe PROSA DER VERHÄLTNISSE, die das Maxim Gorki Theater in Zusammenarbeit mit der Friedrich-Ebert-Stiftung präsentiert. Der Kurator der Reihe, Deniz Utlu, stellt seinen dritten Roman Vaters Meer gemeinsam mit den Autor*innen und Wegbegleiter*innen Fatma Aydemir, Sasha Marianna Salzmann und Miryam Schellbach vor. Nach der Buchvorstellung wird im Studio Я zur Musik von Karmatürji und DJ İpek gefeiert und getanzt. 
 
Last, but not least sei noch die Übergabe des Menschenrechtspreises Goldene Friedenstaube durch Reporter ohne Grenzen am 10/Dezember an die russische Medienorganisation OVD-Info erwähnt, die sich für die Aufklärung willkürlicher Verhaftungen einsetzt.
 
Untenstehend finden Sie weitergehende Informationen zu den den hier genannten Highlights. 
 
Wir freuen uns, Sie zum Ende des Jahres noch einmal bei uns im Gorki begrüßen zu dürfen!
 
 
Beste Grüße
 
Elisa Thorwarth (Referentin Kommunikation und Presse)
Alexander Ostojski (Referent Kommunikation und Presse)
Nino Medas (Pressesprecher und Leitung Kommunikation)
 
Presse 
Maxim Gorki Theater Berlin
Am Festungsgraben 2
10117 Berlin
Tel. 030 - 20221 355 / 392
presse@gorki.de
www.gorki.de  
 

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Highlights im Dezember: 
  
Lesung & Talk
PROSA DER VERHÄLTNISSE SPECIAL
Vaters Meer
3/Dezember, 17:00, Bühne
 
Moderation Miryam Schellbach
 
Mit Fatma Ayedemir, Sasha Marianna Salzmann & Deniz Utlu
 
Zur 10-jährigen Jubiläumsausgabe der Reihe Prosa der Verhältnisse, die vom Maxim Gorki Theater gemeinsam mit der Friedrich-Ebert-Stiftung ausgerichtet und von Deniz Utlu kuratiert wird, stellt Utlu zusammen mit den Autor*innen und Wegbegleiter*innen Fatma Aydemir, Sasha Marianna Salzmann und Miryam Schellbach seinen dritten Roman Vaters Meer vor. Sein Roman erzählt von einem Schicksalsschlag, der eine ganze Familie trifft, von einer Vater-Sohn-Beziehung, die abrupt nach einem Schlaganfall mit folgendem Sprachverlust des Vaters endet. Er zeugt von der Kraft des Erzählens – die dann am deutlichsten wird, wenn die Sprache das Letzte ist, was einem bleibt.
 
Im Anschluss geht’s zur Jubiläumsparty bei Musik von Karmatürji und DJ İpek im Studio Я.
  
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Premiere
MUTTERSPRACHE MAMELOSCHN
Im Rahmen des 6. Berliner Herbstsalons LOST – YOU GO SLAVIA
7/Dezember, 20:30, Studio Я
 
Von Sasha Marianna Salzmann Regie Hakan Savaş Mican Bühne Alissa Kolbusch Kostüme Sylvia Rieger Dramaturgie Holger Kuhle & Clara Probst
 
Mit Anastasia Gubareva, Daniel Kahn, Alexandra Sinelnikova & Ursula Werner
 
»Du hast mir diesen Witz erzählt. Zwei Juden unterhalten sich. Sagt der eine, ich wandere aus. Nach Australien. Sagt der andere, Australien?! Das ist doch so weit weg! Sagt der erste, weit weg von wo? Na ja. Ich weiß, du hast mir das als Witz erzählt und auf rhetorische Fragen gibt man keine Antwort, aber ich habe eine. Ich weiß, was mein weit weg von ist. Weit weg von dir ist weit weg.« (Auszug aus Muttersprache Mameloschn)
 
Lost in Berlin. Gegenwart. Eine Familie. Großmutter, Mutter, Enkeltochter leben hier, miteinander, ohneeinander, gegeneinander. Sie erzählen und erinnern sich, suchen und verfehlen sich, finden und verletzen sich. Drei Generationen, drei Jüdinnen in Deutschland durchwühlen Berge von Geschichten und Geschichte auf der Suche nach den Leerstellen in ihren Leben. Sie erklimmen Berge, zertrümmern sie, fallen herab, doch immer mit Witz und voller Härte, mit Ironie und großem Humor. Was ihnen zu fehlen scheint, ist eine gemeinsame Sprache. Also suchen sie ihre »Mame-Loschn«, eine Muttersprache für sich und andere. Wie einst das Jiddische als Sprache funktionierte, von sehr unterschiedlichen Menschen gebraucht, verstanden und gelebt. Großmutter Lin hat als Kommunistin und linientreue Künstlerin die DDR »gelebt« und dabei ihre Tochter Clara verloren. Clara, von Verlustängsten getrieben, hasst ihr Jüdischsein, das ihr nie wirklich nah gebracht wurde. Sie versucht zwanghaft ihr Leben auf den Kopf zu stellen, sich neu zu erfinden, ehe es zu spät ist. Rahel ihre Tochter ist auch auf dem Weg zu sich und hat noch keine Ahnung, was das sein könnte, dieses »Ich«. Also flieht sie erst einmal, heraus aus zu viel Vergangenheit, raus aus der »Mishpoche«. Doch wie lebt und verlässt man eigentlich eine Familie ohne sie je gefunden zu haben? Wie lässt man eine Vergangenheit hinter sich, die nicht die eigene scheint? Und wo steckt eigentlich Davie, der Enkel, geliebte Sohn und vermisste Bruder?
 
Sasha Marianna Salzmann erzählt mit großer »Chuzpe« eine Familiengeschichte zwischen Schmerz und Glück. Und die Geschichte einer erstaunlichen Desintegration, die die Kraft hat, Menschen sich und einander näher zu bringen.
 
Der Regisseur Hakan Savaş Mican hat bereits mehrere Texte Salzmanns auf die Bühne gebracht. In seiner Inszenierung von Muttersprache Mameloschn kommt es zu einer besonderen Wiederbegegnung, denn Ursula Werner kehrt nach langen Jahren für die Rolle der Lin wieder ans Gorki Theater zurück.
 
Weitere Vorstellung:
9/Dezember, 20:30, Studio Я
 
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Premiere
DER UNTERTAN
15/Dezember, 19:30, Bühne
 
Von Heinrich Mann Regie Christian Weise Bühne Julia Oschatz Kostüme Josa Marx & Lane Schäfer Musik Jens Dohle & Falk Effenberger Lichtdesign Ernst Schiessl Dramaturgie Valerie Göhring
 
Mit
Tim Freudensprung, Via Jikeli, Marta Kizyma, Catherine Stoyan & Till Wonka
 
Das Berliner Stadtschloss steht wieder! 1950 ließ die Führung der DDR es als »Relikt der Monarchie« sprengen, nachdem es 1945 bei einem Bombenangriff fast vollkommen zerstört wurde und errichtete dort den Palast der Republik. Jetzt ist es wieder da. Die »Denkmalomanie« die die deutsche Kaiserzeit durchzog und vor keinem Ort, keinem Platz, keiner Stadt Halt machte, – jeder wollte ein Kaiser-Denkmal haben, findet damit ihren krönenden Abschluss in der Gegenwart.
 
Nachdem Wilhelm der II. den Thron bestiegen hatte, wählte er 1888 das Schloss zu seinem Wohnsitz. Sein größter und treuster Follower? Neben den heutigen privaten Geldgebern aus der rechten Szene, Diederich Heßling, der Protagonist von Heinrich Manns 1918 veröffentlichtem Roman Der Untertan. Die Adaptions- und Rezeptionsgeschichte des Romans ist lang. Nicht nur, dass die Veröffentlichung des Romans am Vorabend des 1. Weltkrieges gestoppt wurde und der Roman 1933 namentlich genannt dem Feuer der Nationalsozialisten auf dem heutigen Berliner Bebelplatz übergeben wurde, auch Wolfgang Staudtes DEFA-Verfilmung von 1951 musste »im rauen Wind des Kalten Kriegs mit der west-deutschen Zensur kämpfen.« Ist der Roman explizit eine Mentalitätsgeschichte des Kaiserreichs, eine »Geschichte der öffentlichen Seele unter Wilhelm II«, gingen die Intentionen des Filmes noch weiter. Regisseur Staudte interessierte sich nach dem Ende des 2. Weltkriegs zwar auch für den kaisertreuen Diederich Heßling, aber vielmehr noch für den psychologischen Ursprung des Faschismus. Als eine übergreifende Metapher dieser Zeit, dient in Heinrich Manns Roman die Figur des Schauspielers. »Und da es in Wirklichkeit und im Gesetz weder den Herrn noch den Untertan gibt, erhält das öffentliche Leben einen Anstrich schlechten Komödiantentums«. Neben dem Verweis auf die konstruierte Ebene von Macht, für deren Inszenierung der Kaiser bekannt war, schaut Heinrich Mann auch kritisch auf seine eigene Rolle als Künstler, als »Weiser und Narr«, der »ein Wissender ist, aber zugleich zu schwach ist, sein Wissen gesellschaftlich fruchtbar zu machen.« Ein kalter Wind weht über den Theaterplatz in Netzig, bevor Diederich Heßling mit seiner Frau eine Wagner-Oper besucht.
 
Regisseur Christian Weise, bestens vertraut mit dem »Schwindel« des Theaters und seinem Humor, inszeniert Der Untertan als Moritat, als Erzähllied eines Bänkelsängers und seiner Truppe, die früher oft auf Straßen, Plätzen oder Jahrmärkten aufgetreten sind. Seit den 1930-Jahren ist diese Form zunehmend in Vergessenheit geraten – Let’s bring it back: mit unterschiedlichen Leinwandbildern von Julia Oschatz (Bühnenbildnerin des Jahres 2020), dem Musiker Jens Dohle und den Gorki-Schauspieler*innen Tim Freudensprung, Via Jikeli, Marta Kizyma, Catherine Stoyan und Till Wonka!
 
Weitere Vorstellung:
30/Dezember, 19:30, Bühne

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Talk 
REPORTER OHNE GRENZEN
Übergabe der Goldenen Friedenstaube an die russische Initiative OVD-Info
10/Dezember, 14:00, Studio Я 
 
Mit Alice Bota & Grigorij Ochotin
 
Reporter ohne Grenzen übergibt den Menschenrechtspreis Goldene Friedenstaube an die russische Medienorganisation OVD-Info, die sich für die Aufklärung willkürlicher Verhaftungen einsetzt. Die Laudatio hält ZEIT-Redakteurin Alice Bota. Im anschließenden Podiumsgespräch spricht sie mit Grigorij Ochotin von OVD-Info.